Stadt Usedom und Umgebung
Gleich hinter dem traumhaft schönen feinen weißen Sandstrand an Usedoms Ostseeküste verläuft der Küstenwald mit seinen majestätischen Buchen und lichten Dünenkiefern. Daher fahren wir heute ab dem Ortsrand von Ahlbeck im Schatten uralter Bäume in die beschauliche Stadt Usedom, in der sich auch das Verwaltungszentrum der Insel befindet.
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Sie ist der älteste Ort und hat der Insel ihren Namen gegeben. Usedom liegt landschaftlich schön zwischen Peenestrom und Stettiner Haff. Auf der Goethestraße haben wir stadtnah einen Parkplatz gefunden.
Von dort sind es nur ein paar Schritte und wir stehen vor dem Anklamer Tor, dem Wahrzeichen der Stadt.
Das 1450 erbaute Tor sicherte den Zugang zur Stadt nach Westen ab. Es ist das Einzige noch erhaltene von ursprünglich drei mittelalterlichen Stadttoren, die durch eine Ringmauer miteinander verbunden waren.
Der viergeschossige Backsteinbau mit einer spitzbogigen Durchfahrt beherbergte, nachdem die Stadtbefestigung überflüssig geworden war, einst auch das Stadtgefängnis.
Seit 1966 befindet sich im Anklamer Tor die Heimatstube. Hier kann man sich in einer Dauerausstellung über das frühere Leben der Bauern und Fischer auf der Insel informieren. Ein kleines Museum, das Ausstellungsstücke zum lokalen Handwerk und die Geschichte des Ortes zeigt. In der obersten Etage befindet sich ein kleiner Saal, in dem Trauungen durchgeführt werden können.
Wir gehen die Peenestraße entlang und kommen zu Marktplatz und der Marienkirche.
Einst besaß die Stadt fünf Kirchen. Heute existiert nur noch die Marienkirche, die 1337 erstmals erwähnt wurde. Beim Stadtbrand 1475 zerstört, wurde sie im spätgotischen Stil neu errichtet. Bei einer Sanierung 1891 wurde die Kirche völlig neu gestaltet. Jedoch die beiden Grabplatten der Herzöge Ralibor und Pribislawa sind deutlich älter und stammen aus dem späten Mittelalter. Heute besteht die Kirche aus einer dreischiffigen Halle mit Chor und die Glasmalerei stammen aus dem Königlichen Institut in Berlin. Das Altarfenster ist ein Osterfenster, das die Auferstehungsszene zeigt.
Wir bummeln durch das hübsche und ruhige 1800-Einwohner-Städtchen. Auf dem Weg zum kleinen Hafen führt ein Sträßchen hinauf zum geschichtsträchtigen Schlossberg, einst Standtort einer slawischen Burg. 1128 wurde hier durch die pommerschen Adeligen, wahrscheinlich in Anwesenheit des Bischofs Otto von Bamberg, die Annahme des Christentums beschlossen. 1928 wurde auf dem etwas zehn Meter hohen Schlossberg zum Jubiläum der Christianisierung ein Granitkreuz mit einer Inschriftentafel aufgestellt.
Wir wollen weiter zum sogenannten Stadthafen, der am Usedomer See liegt. Doch große Bauzäune hindern uns. Hier findet z.Z. ein großes Hafenprojekt statt. Bis 2019 soll der Hafen im nördlichen Bereich des Sees zu einem modernen Usedomer-See-Zentrum umgebaut werden. Dieser lang geplante Ausbau des Usedomer Naturhafen soll dem Tourismus vor Ort endlich mehr Aufschwung verleihen. Da wir hier leider nicht weiter konnten, wollten wir gerade wieder drehen, als wir das Hinweisschild lesen, „hier selbstgebackenen Kuchen und Kaffee“. Ein kleiner Privatgarten bot gemütliche Sitzecken zu einer Kaffeepause. Wir nehmen das Angebot an und betrachten bei leckerem selbstmachten Kuchen das rege Treiben am Hafen.
Danach geht es zurück durch den kleinen Ortskern, vorbei an sorgfältig renovierten alten Häusern, zu unserem abgestellten PKW.
Zur Besichtigung der Stadt Usedom gehört auch ein Abstecher nach Karnin. Das Kleine, nur 80-Seelen-Dorf ist von Usedom über eine 5 km lange Kopfsteinpflasterstraße zu erreichen, die auch ein Linienbus mehrmals am Tage befährt. Sind wir in den letzten Tagen auf unseren Fahrradtouren durchgeschüttelt worden, ist heute nun unser Auto an der Reihe. Wir befahren diesen holprigen Weg, um einen eigentümlichen Stahlkolos, mitten im Strom der Peene zu besichtigen.
Hier steht eines der bedeutendsten technischen Denkmäler und Wahrzeichen des kleinen Dorfes. Es sind die Überreste der Eisenbahnhubbrücke, über die einst täglich mehrere Direktzüge aus Berlin in die Kaiserbäder ratterten. Bei dem Bau der Eisenbahnlinie Ducherow-Swinemünde –Einweihung 1876 – wurde die Querung des „Stroms“ zwischen Kamp und Karnin durch eine Drehbrücke sichergestellt.
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Bereits im Jahre 1908 wurde aufgrund der Zunahme von Verkehrsaufkommen eine zweigleisige Strecke gebaut, die auch eine neue Eisenbahnhubbrücke erforderte. Ende 1933 wurde die damals modernste Hubbrücke Europas in Betrieb genommen und noch heute wird sie als ingenieurtechnische Meisterleistung angesehen. Sie ermöglichte Zügen eine Überfahrt mit Tempo 100. Dadurch konnten Fahrgäste in zweieinhalb Stunden von Berlin auf die Insel reisen. Wie bei einem Fahrstuhl konnten die beiden mittleren Gleise in nur zwei Minuten angehoben werden, um den Schiffsverkehr passieren zu lassen.
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Diese Brücke stellte die wichtigste Verkehrsanbindung von Usedom auf das Festland dar, denn die Wolgaster Peenebrücke wurde erst im Jahr 1934 eröffnet. Nur zehn Tage vor Ende des Zweiten Weltkriegs sprengten Soldaten der Deutschen Wehrmacht die seitlichen Brückenbögen, um der heranrückenden Roten Armee das Übersetzen auf die Insel zu erschwerten. Erhalten blieb lediglich der Mittelteil, die eigentliche Hubkonstruktion, mitten im Peenestrom. Es hat eine Gesamthöhe von 35 m und eine Länge von 51,7 m. Die Karniner Brücke wurde 1990 unter Denkmalschutz gestellt. Nach dem Krieg wurde die Verbindung nicht wieder aufgebaut, denn ein Teil der Strecke verlief über den polnischen Teil Usedoms und die Bahngleise im Achterland wurden demontiert und als Reparationsleistung in die Sowjetunion geschafft. So gibt es leider außer ein paar alten verrosteten Schienen nichts mehr zu sehen.
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Unser Spaziergang entlang der Uferkante bringt uns auch zum Hafen der Segler. Er befindet sich in einer Ausbuchtung am Übergang des Peenestroms in das Stettiner Haff, Nähe der Hubbrücke. Wir sind zurzeit fast die einzigen Besucher und so hört man nur Wasserplätschern und Vogelzwitschern in dieser Naturidylle. Von einem kleinen Damm haben wir einen schönen Blick auf den Hafen mit dem Büro des Hafenmeisters. Hier liegt auch die Fahrradfähre, mit der man kostenpflichtig den Peenestrom überqueren kann. Die Überfahrt dauert nur wenige Minuten nach Kamp, aber man erspart sich einige Kilometer Umweg.
Da wir aber mit dem Auto gekommen sind, setzten wir unseren Tagesausflug in Richtung Zecheriner Brücke fort. Sie ist eine der zwei Zufahrtsmöglichkeiten zur Insel Usedom und ist von Anklam zu erreichen. Wir können die Brücke schon vom Weiten sehen und halten Ausschau nach einem Platz zum Fotografieren, wenn sie ihre Klappe geöffnet und hochgestellt hat.
Doch wir überqueren erst einmal die 325 m lange und 6 Meter breite Brücke über den Peenestrom, die Usedom vom Festland trennt. Einen guten Aussichtspunkt auf die Zecheriner Brücke haben wir auf dem Festland nicht gefunden, doch dieses Stück Fahrt hatte sich trotzdem gelohnt. Unzählige Stümpfe von abgestorbenen Bäumen ragten entlang der Fahrbahn aus dem Wasser und wurden durch den unterschiedlichen Lichteinfall nur teilweise erhellt. Die bizarre Landschaft verbreitete so eine mystische Stimmung.
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Da das Öffnen der Brücke um 16.45 Uhr fast bevorstand, wenden wir unser Auto wieder und fahren zurück in den Ortsteil Zecherin, den wir direkt hinter der Festlandanbindung erreichen. Direkt unterhalb der Brücke, an der ehemaligen Fähranlegestelle befindet sich das Fischrestaurant "Peene-Idyll". Das Fischrestaurant serviert frischem Fisch mit Ausblick auf den Peenestrom. Die Fischerei war in dieser Gegend schon immer eine wichtige Einkommensquelle der Einwohner. Im Haff und im Peenestrom werden auch heute noch die frischesten Fische gefangen. Ob der Fisch jedoch mit den neben dem Restaurant im Schilf liegenden kleinen Booten gefangen wurde, möchte ich bezweifeln.
Wir stellen unseren PKW auf dem dazugehörigen Parkplatz ab und gehen hinunter zur ehemaligen Anlegestelle, der uns eine freie Sicht auf die Brücke bietet. Die vor uns liegende Brücke ist noch relativ jung. Erst 1930, als das Interesse der Urlauber an der Insel immer mehr stieg, wurde mit dem Bau begonnen. Gegen Ende April 1945 wurde die Bäderbrücke durch die deutsche Wehrmacht gesprengt und erst im Jahr 1955 konnte sie nach Reparaturarbeiten erneut für den Straßenverkehr freigegeben werden. In den Jahren 1999 und 2000 wurde die Brücke vollständig saniert.
Die Straßenbrücke wird zu bestimmten Zeiten mehrmals am Tage geöffnet, damit die zahlreichen Segelboote im Sommer durch das ungefähr 20 Meter breite Klappteil in der Mitte der Straßenbrücke hindurchfahren können. Bei geschlossener Klappe und mittlerem Wasserstand ist eine Durchfahrtshöhe von 6 Metern möglich.
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Die geöffnete und hochgestellte Klappe ist schon ein zusätzliches Highlight in der wunderschönen Natur des Stroms. Ca. 15 Minuten, je nach Anzahl der Schiffe, dauert diese Prozedur und es bildet sich auf beiden Seiten der Brücke eine ansehnliche Schlange. Wir lassen die Schlange erst an uns vorbeiziehen, bevor wir unsere Fahrt zum Lieper Winkel fortsetzen. Es ist ein idyllisches Fleckchen der Stille und Abgeschiedenheit, fern von fast jeglichem Massentourismus. Ziel ist für uns heute Abend das Fischrestaurant „Zur alten Fischräucherei“ in Rankwitz, wunderschön am kleinen Jachthafen des Achterwassers gelegen.
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Wir hatten Glück und bekommen in der Außengastronomie des familiengeführten traditionellen Restaurants direkt am Wasser noch einen freien Tisch. Zu unserem Bier wurde uns liebevoll hergerichteter und sehr leckerer Fisch in herrlicher Umgebung serviert. Während des Essens beobachten wir das Einlaufen einiger Segelboote in den kleinen Hafen. In dieser Urlaubsidylle genießen wir anschließend in den aufgestellten Strandkörben am Hafen noch die letzten Sonnenstrahlen, bevor wir zurück zu unserer Ferienwohnung fahren.
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