Fahrt ans Meer nach San Vincenzo
Heute geht’s ans Meer und zwar nach San Vincenzo. Von hier haben wir damals mit einem Reisebus erstmals die Toskana bereist. Doch auf unserer Fahrt ans Meer, auf kleinen und romantischen Straßen, die sich durch sehr unterschiedliche, aber allesamt malerische Landschaften der nördlichen Maremma winden, entdecken wir viele kleine Orte, in denen wir uns wenigstens einmal umsehen wollen. Lange Zeit war die Maremma ein ungesundes und unbewohnbares Sumpfgebiet. Die aus den ärmsten Gegenden Italien zugewanderten Familien haben die Sümpfe im vorigen Jahrhundert trockengelegt und das Gebiet in eine fruchtbare Agrarlandschaft verwandelt.
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Unseren ersten Stopp machen wir in Guardistallo. Der kleine Ort liegt im Hinterland der nördlichen Maremma, einem flachen, von grünen Hügelketten unterbrochenen Küstenstreifen. Es ist ein antiker mittelalterlicher Ort, der bereits von den Etruskern besiedelt wurde. Die gut 1200 Einwohner leben vom Wein und der Ölproduktion. Gleich mehrere Kirchen aus dem 13. bis 16. Jahrhundert prägen das Straßenbild dieses kleinen Ortes.
Wir machen einen kleinen Rundgang und haben von einer kleinen Aussichtsterrasse einen schönen Blick auf die Villa Marchionneschi, ein alter Herrensitz der adligen Familie Marchionneschi, in dem sich ein kleines Theater mit 200 Sitzplätzen befindet und der Kirche San Lorenzo.
Diese Kirche mit der auffälligen gelblichen Fassade, die den Stadtheiligen Laurentius und Agatha gewidmet ist, wurde um 1870 errichtet. Sie ist der Ersatzbau für die beim Erdbeben 1846 zerstörte Vorgängerkirche. Doch in dem angrenzenden Glockenturm befinden sich zwei Glocken, die das Erdbeben von 1846 heil überstanden haben.
Unser Spaziergang führt uns zu einer weiteren Kirche. Die Marienwallfahrtskirche „La Madonna del Carmine“ sowie der Altar wurden um 1770 errichtet.
Ihre heutige Form mit den vier Bögen erhielt die Kirche am Ende des 19. Jahrhunderts.
Auf dem Weg zurück zum Auto steht für uns fest, die beeindruckendsten Gebäude in diesem Ort waren die Kirchen.
Nur wenige Kilometer von Guardistallo entfernt liegt der kleine Ort Montescudaio. Dieses verwinkelte mittelalterliche Städtchen liegt auf 242 Metern und hat eine teilweise erhaltene Stadtbefestigung. Von dem weiten Platz vor der Pfarrkirche Santa Maria Assunta, platziert in einer Panoramalage, oberhalb des Ortes, hat man einen schönen Panoramablick bis zur Küstenebene von Cecina.
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Auf diesem Platz stand früher die Abtei von Santa Maria Assunta und die Kirche Sant´Andrea. Beide Gebäude wurden bei einem Erdbeben 1846 zerstört. Die heutige Pfarrkirche Santa Maria Assunta wurde zwischen 1854 und 1857 neu errichtet.
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Wir schlendern durch den Ort, kommen vorbei an dem aus dem zwölften Jahrhundert stammenden Stadtturm und finden immer wieder schöne Stadtpaläste aus der Zeit der Großherzöge.
Die kleinen Gassen sind mit mediterranen Blumen vor den Häusern und an den Straßenrändern geschmückt.
Da hier noch das ursprüngliche Leben, der tägliche Treffpunkt der Einheimischen, vor der Bar auf dem Dorfplatz stattfindet, setzten wir uns für einen Cappuccino dazu.
In dieser Cafébar wurden die Kaffeebohnen noch lautstark durch die Mühle geraspelt, sodass der Duft der Bohnen selbst vor der Tür den Kaffeedurst anregte. Auf die braune Flüssigkeit kam danach die Vollmilch wie ein steifes Mützchen obenauf, so muss original italienischer Cappuccino sein.
Nach dieser Kaffeepause setzten wir unsere Fahrt Richtung Bibbona fort. Dieser Ort lag nur noch auf einem 80 m hohen Hügel. Doch auch hier mussten wir unser Auto vor der Stadtmauer abstellen.
Es ist auch heute noch ein teilweise mit starken Festungsanlagen geschützter Ort und der Ortskern besteht zum größten Teil aus dem Mittelalter.
Unser Weg führt uns wieder durch schöne blumengeschmückte Gassen und viele Bogengänge laden zu Erkundungen ein.
Vorbei geht es an der Kirche Pieve San Ilario. Sie ist eine der wenigen erhaltenen romanischen Kirchen. Durch ein Labyrinth von engen Straßen und Gassen gehen wir zurück zum Ortseingang.
Hier steht die imposante Kirche Santa Maria della Pietà. Erbaut wurde die Kirche Ende des 15. Jahrhunderts, in Form eines sogenannten griechischen Kreuzes.
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Über dem Hauptteil des Gebäudes befindet sich die große Kuppel als Verbindung des gesamten Gebäudes. Die vier Eingänge der Kirche sind mit verschiedenen Ornamenten und lateinischen Schriften verziert.
Nach der Besichtigung setzen wir unsere Fahrt fort, denn nur noch einige Kilometer trennen uns von der Mittelmeerküste, doch da gab es noch ein Fotomotiv, das einfach zu einem Toskanaurlaub gehört.
Sanft geschwungene Wiesen und Felder und mittendrin eine Zypressenallee, auf der ein einsamer Wagen unterwegs ist. So macht uns das Autofahren Spaß und zwar auf der 5 km langen, schnurgeraden Zypressenallee zwischen San Guido und Bolgheri.
Berühmt geworden ist die Straße durch das Gedicht „vor San Guido“ von Giosué Caducci. Er hat in diesem Gedicht die Orte seiner Kindheit beschrieben und die lange Doppelreihe der schnurgeraden schlanken Zypressen, die vor uns buchstäblich Spalier stehen. Aufgereiht wie an einer Kette ziehen die Säulen während unserer Fahrt an uns vorüber.
Doch nicht nur die Zypressenalleen sind eine Autofahrt wert, auch die Straße del Vino ist wunderschön zu befahren. Diese Weinstraßen – es gibt 16 an der Zahl - führen durch Gegenden mit hoher Weinproduktion, mit der Absicht, den Weintourismus zu fördern und zu unterstützen.
Die Strada del Vino die wir befahren wird auch als „Blüte der Maremma“ bezeichnet. Sie führt außer durch die Weinberge an landschaftlich reizvoll gelegene Weingüter vorbei. Wir genießen wieder einmal das Zusammenspiel der Landschaft mit den versteckten Weingütern und sind fasziniert von den knorrigen Schirmkiefern, die als Schattenspender dienen, um die erdfarbenen Landhäuser vor der Sonne zu schützen.
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Nun lassen wir uns aber nicht mehr aufhalten und es geht weiter bis an die tyrrhenische Küste. Hier wollen wir uns den vor 18 Jahren noch recht kleinen und beschaulichen Badeort San Vincenzo noch einmal ansehen. Er war schon damals ein beliebter Badeort aufgrund seiner weiten, weißen Sandstrände.
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Torre di San Vincenzo 2013
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Torre di San Vincenzo 1995
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Es ist ein alter Küstenort und führte früher den Namen „Torre di San Vincenzo”. Dieses unscheinbare Türmchen steht heute noch und gehörte damals zu einer ganzen Reihe von Wachttürmen und Befestigungsanlagen, die die Küste und das Hinterland vor den gefürchteten Angriffen der Piraten schützen sollten.
San Vincenzo hat sich in den letzten 18 Jahren komplett auf den Tourismus eingestellt. Wo früher die Fischerboote auf den Wellen schaukelten, liegen in dem großzügig ausgebauten Hafenbecken heute mindestens 300 Yachten und nur gerade einmal 5 Fischerboote. Größere Sehenswürdigkeiten gibt es in San Vincenzo selbst nicht. Dafür ist die Flaniermeile Via Vittirio Emanuele II mit ihren Cafes und unzähligen Boutiquen großzügig ausgebaut.
Wir schlendern durch das moderne Stadtzentrum, gönnen uns noch ein Eis, sehen uns die beiden Kirchen an und beschließen dann wieder zurückzufahren und lieber noch einen Stopp im Örtchen Casale Marittimo zu machen. Dieser Ort mit seinem sehr gut erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern liegt auf einem Hügel im Hinterland, zwölf Kilometer von der tyrrhenischen Küste entfernt.
Bereits 1004 wurde der Ort als Burg des Grafen della Gherardesca erwähnt und wurde zum Schutz der Küste und des Tals errichtet. Nach einem letzten Spaziergang fahren wir zurück nach Volterra und sehen die Stadt in der Abendsonne hoch über uns liegen. Nach einem leckeren Abendessen in der Stadt ist leider schon wieder ein Urlaubstag zu Ende.
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