Gardone Rivera
Zu einem Aufenthalt am Gardasee gehört auch eine Schifffahrt. Für heute haben wir aber statt einer Bootstour auf dem See, eine Seeüberquerung mit dem PKW nach Maderno, ans Westufer geplant. Von Garda geht es daher erst einmal mit unserem Auto zum Fähranleger nach Torri del Benaco.
Wir schließen uns der wartenden Schlange am Anleger an. Gleich drei historische Autos rollen hinter uns auf die Parkspur des Fähranlegers. Fahrer und Fahrzeuge waren bis zum Eintreffen der Fähre echte Hingucker und die alten Schätze wurden bestaunt. Der Traum von der großen Reisefreiheit lässt sich auch mit kleineren Fahrzeugen realisieren, das beweisen die 2 BMW Isetta und ein Trabi aus Deutschland und die großen Probleme des Kofferpackens entfallen, denn die Isetta hat keinen Kofferraum, sondern nur einen Gepäckträger hintendrauf.
Mit diesen Autos ist man sicherlich nicht zu bequem, aber sehr viel günstiger unterwegs. Da gibt es bestimmt einen deutlichen Unterschied beim Spritverbrauch oder wie hier an der Autofähre, wo sich die Überfahrtkosten nach dem Autotyp richten. Für 20 Minuten Übersetzen zahlen wir einen stattlichen Preis von 24,00 Euro, dafür können wir aber in Ruhe relaxen und die Landschaft genießen und wir brauchen nicht den halben See umrunden. Bei der Ausfahrt von Torri del Benaco bekommt man noch einmal einen Eindruck von der mächtigen Skaligerburg, die im Jahr 1383 zum Schutz des kleinen Hafens von Antonio della Scala gebaut wurde. Unterwegs begegnet uns die im Pendelverkehr fahrende Fähre von Maderno kommend.
|
Dieser Ort liegt am Westufer des Gardasees und befindet sich auf einer flachen, in den See vorstoßenden Landzunge. Die weit über dem See sichtbaren Aussichtspunkte sind der Berg "Monte Pizzocolo" (links) mit 1500 Meter und der kleinere "Monte Castello" (rechts) mit einer Höhe von rund 900 Metern.
Ziel unseres Tagesausflugs ist jedoch der Ort Gardone Riviera. Früher war dieser Ort für viele Reisende das Vorzeigebad. Doch seinen Ruhm hat er heute vor allem dem Dichter und Schriftsteller Gabriele d´Annunzio zu verdanken, der sich hier mit dem „Vittoriale degli Italiani“ ein monumentales Denkmal setzte.
Dieser Gebäudekomplex in einem traumhaften Garten bedeutet schlicht übersetzt „Siegesdenkmal der Italiener“. Es thront mächtig und pompös hoch über dem Gardasee.
1921 kaufte Gabriele d´Annunzio die schlichte Villa Garnacco und lebte hier bis zu seinem Tod 1938. Während dieser Zeit baute er mit Hilfe des Architekten Giarcarlo Maroni eine skurrile Anlage, die voll gestopft an Andenken seiner Kriegskapaden ist und dem heutigen Besucher einen Geschichtsausflug der besonderen Art bietet.
Unser Rundgang startet vom Vittoriale Platz, der mit seinen Bögen schon sehr beeindruckend ist. Nach dem Durchqueren des Eingangsportals sehen wir uns erst einmal das Freilichttheater an. Hier werden jeden Sommer alte und moderne Dramen aufgeführt und zahlreiche Konzerte gegeben.
|
Von den oberen Rängen hat man einen wunderschönen Blick auf den Gardasee und der Isola Garda. Durch einen Bogengang gelangt man zu dem Tempel, in dem Dichter und Schriftsteller Gabriele d´Annunzio bis zum Jahre 1963 beigesetzt war. Wir folgen den Wegweisern und kommen auf die Piazetta Dalmata, dem Herz des Vittoriale. Der Platz wird umrahmt von der Villa "La Prioria", die besonders ins Auge fällt - einst das Wohnhaus des Dichters - und mehreren Museumsgebäuden.
|
Die Villa kann nur mit einer Führung besichtigt werden und soll nur auf Italienisch sein und als deutschsprachiger bekommt man lediglich einen Übersetzungstext. Dieses und die lange Warteschlange hatte unsere Entscheidung bestätigt, dass wir hierfür keine Eintrittskarte gekauft hatten. Es gab auch so genug zu bestaunen. Vom Platz führte eine Treppe direkt ins Auditorium, das ursprünglich als Kriegsmuseum geplant war, denn nachdem Italien Österreich den Krieg erklärt hatte, bittet Annunzio mit 52 Jahren um seine Einberufung. Als Propagandist wirkt er an allen Fronten, so z.B. bei den Bodentruppen am Veliti-Berg, bei der Marine in Buccari und bei der Luftwaffe.
Darum hängt unter der Kuppel, direkt über unseren Köpfen der historische Doppeldecker „SVA“, jenes Flugzeug, mit dem der Dichter am 9. Aug. 1918 mutig über Wien kreiste, um Flugblätter abzuwerfen.
Die Wände des „Auditoriums zieren Fotos der schönsten Frauen der Jahrhundertwende, denn der Dichter hatte schon zu Lebzeiten einen großen Bekanntheitsgrad als Dandy. In den weiteren Gebäuden befindet sich ein Museum in dem Kitsch, Kunst, Kostbarkeiten und persönliche Dinge des Dichters ausgestellt sind. In einer anderen Halle steht sein PKW, ein Fiat, Model 4, mit dem er in kriegerischer Mission unterwegs war. In einem eigens erstellten Gemäuer steht da Torpedoboot „MAS“, mit funktionsfähigen Torpedos und Maschinengewehren.
Nach so viel Skurrilem gehen wir in den Privatgarten. Hier sind wir von Säulen, Bogengängen, Nischen mit Statuen und Amphoren umgeben.
Weiter führt uns der Weg hinunter zum Tänze-Teich, der in Form einer Violine konzipiert wurde. Bevor die beiden Bäche Acqua Pazza und Acqua Savia (verrücktes und weißes Wasser) in den Gardasee münden, fließen sie durch den kleinen See des Tanzes.
Auf einer Bank am Wasser genießen wir die Frühlingssonne und lauschen dem Plätschern des Wassers und dem Singen der Vögel.
Anschließend zieht es uns weiter und zwar zu dem mit Zypressen umwachsenen Bug des Schlachtkreuzers „Puglia“, mit dem er an den Kämpfen um Fiume teilgenommen hat.
Wir bummeln durch die 9 Hektar große grüne Gartenlage und kommen vorbei an einsamen Laubengängen, in denen der Dichter sicherlich so manche lauschige Nacht verbracht hat und gelangen so zu der Aligi-Allee, die zu dem Delphin-Brunnen führt, der von einem Gebirgsbach gespeist wird.
Zum Schluss geht es zu dem in schönster Gardasee-Panoramalage angelegten kreisrunden Mausoleum aus weißem Marmor, in dem zehn Särge mit den Gebeinen seiner Kriegskameraden angeordnet sind.
In dem mittleren Sarg sind 1963 die Gebeine des Dichters selbst beigesetzt worden. Da thront er nun in seinem weißen Marmorsarkophag.
Ein Denkmal hat er sich nicht als Dichter und Autor, sondern durch sein „Vittorriale“ gesetzt, das er bereits 1923 dem Staat als Nationaldenkmal vermacht hat. Dieser Gebäude- und Monumenten-Komplex ist heute das bestbesuchte Museum in ganz Italien.
Botanischer Garten in Gardone Rivera
Nach einer ausgiebigen Mittagspause stand am Nachmittag noch ein Besuch des „Botanischen Gartens“ auf unserem Plan. Genau wie den Vittoriale hatten wir diesen Garten bereits 1987 einmal besucht. Damals war es noch der Privatgarten des verstorbenen Prof. Artur Hruska, der in langen Jahren der Arbeit diesen wunderbaren Garten angelegt hat.
|
Der Zahnarzt und Naturwissenschaftler hatte im Jahre 1910 beschlossen seinen 2 Hektar großen Garten zu einem „Weltgarten“ zu verwandeln. Auf seinen Reisen brachte er Samen von weither mit und freute sich darüber, dass sie in seinem Garten zu wachsen begannen. So hat er in den Jahren von 1910 bis 1971 ein kleines Paradies für Stauden und eine blühende Oase der Ruhe und Erholung geschaffen. Hier wachsen Pflanzen aus den verschiedenen Ländern, wie Afrika und Südamerika, Asien, Europa und Australien.
Durch das Bepflanzen unterschiedlich hoher Stauden wirken selbst die kleinsten Beete noch viel üppiger. Hier lernt man Pflanzen vom Amazonas kennen und künstliche Felslandschaften aus Dolomitgestein mit der entsprechenden Alpenflora sowie kleinen Bachläufen und verschiedene Teiche, in denen sich zahlreiche Fische tummeln. Bedeckt sind die Wasserflächen teilweise mit Seerosen und Callas.
Immer wieder gehen wir über romantische Brücken, die Bäche und Teiche queren. Zu dieser einzigartigen Sammlung von über 2000 Pflanzen aus allen Kontinenten zählen auch die verschiedensten Arten von Bambus und ein kleiner Kakteengarten.
|
Zwischen den unterschiedlichen Sträuchern und Pflanzen haben wir auch immer wieder einen Blick auf den unter uns liegenden Gardasee. Wir sitzen im Park auf einer Bank und sind wieder einmal fasziniert, was hier für ein Paradies am Westufer des Gardasees, unterhalb des Berges Larinio, entstanden ist.
1988 hat der österreichische Künstler André Heller den Garten und die Villa gekauft und hat indische und marokkanische Skulpturen sowie auch einige humorvolle Details, hinzugefügt. Heute ist es ein „Zentrum des ökologischen Gewissens“, denn Heller ist der Meinung „jemand der durch dieses Paradies gewandert ist, wird künftig nicht einfach Zweige abbrechen oder einen Bach vergiften“ und „eine Pflanze, die man nicht mit großer Sorgfalt und Zärtlichkeit behandelt, zeigt einem das viel rascher und offensichtlicher, als ein Mensch, denn sie vergilbt und wird welk.
|
Tief beeindruckt von solch einer Gartenvielfalt geht es am Abend wieder zurück zum Fähranleger nach Maderno. Bis zum Eintreffen der Fähre, die uns wieder hinüber nach Torri del Benacco bringt, sitzen wir noch am Wasser, genießen den hereinbrechenden Abend und sind wieder einmal der Ansicht, der Gardasee ist einer der schönsten Seen Europas. Das mediterrane Klima, subtropische Vegetation und eine grandiose Landschaft machen ihn zu einem der beliebtesten Urlaubsziele Italiens und das nicht nur bei uns.
|