Montecatini Terme und Collodi
Wenn die ersten Sonnenstrahlen über den Bergrücken blinzeln und die Vögel zwitschern, dann beginnt für uns hier oben auf dem Berg ein neuer Urlaubstag, den wir heute im eleganten und berühmtesten Thermalbad Europas verbringen wollen. Peter Leopold von Habsburg, Großherzog der Toskana und späterer Kaiser, ist der heutige Weltruf von Montecatini Terme zu verdanken.
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Die Heilquellen waren zwar schon in der Antike bekannt und unter den Medici wurde das Wasser zwar getrunken, doch er sorgte dafür das einige, noch heute berühmte Termen, wie Leopoldine, Regina und Tettuccio gebaut wurden und gleichzeitig der Ort modernisiert wurde. Dass die Kur in Montecatini ein teures Vergnügen ist und war, kann man schon an den imposanten Termen erkennen. In diesen prachtvollen Termenanlagen kurierten früher die Mitglieder der europäischen Königshäuser und etliche andere bekannte Persönlichkeiten. So kam Giuseppe Verdi erstmals 1882 hier her und ließ bis zu seinem Tode im Jahre 1901 keine Saison aus. Im Sommer 1885 schrieb er hier Teile der Musik zu „Othello“ und 1896 den zweiten und dritten Akt von „La Bohéme“.
Wir flanieren durch den weitläufigen und sehr gepflegten Kurpark mit seinem alten Baumbestand und gehen vorbei an mehreren alten bekannten Termen, die noch immer Mittelpunkt des Kurbetriebes sind oder gerade renoviert werden, um im neuen Glanz zu erstrahlen.
Eine Augenweide ist die Hauptachse Viale Verdi mit ihren prunken Palasthotels und der Exelsior Terme. Diese wurde 1968 mit einem eigenwilligen und wenig ansprechenden Anbau erweitert sowie der 1775 eingeweihten Terme Leopoldine, die z. Z. renoviert wird.
Am Ende der mit Blumenbeeten verzierten Allee steht der Barockbau der Terme Tettuccio, aus dem Jahre 1927, mit seiner imposanten Fassade. Sie ist die mit Abstand schönste und verschwenderisch ausgestattete der acht Badehäuser und italienisches Nationaldenkmal.
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Auch wenn wir nicht zur Kur hier sind, haben wir den Eintritt nicht gescheut, um einen Blick in das Innere der eleganten Anlage zu werfen. Hinter den Kolonnaden liegen herrliche Wandelhallen und wer am Abend seine Leber mit dem italienischen Vino strapaziert hat, kann sich am Morgen danach seine tägliche Trinkration abholen und mit dem heilenden Wasser seine Leber wieder beruhigen, denn Heilwasser gilt als eines der ältesten Naturheilmittel der Menschen, um Beschwerden zu lindern oder zu heilen.
Wir sind beeindruckt von dem prunkvollen Ambiente der Marmorbecken mit den gediegenen Wasserhähnen der vier verschiedenen Quellen und die leichtgeschürzten Jugendstilschönheiten, die die Wände der Trinkhalle zieren.
Bei so viel Prunk wissen wir fast nicht, wohin uns Blick zuerst gehen soll, zu den wunderschönen Deckengemälden, wie z. B. die bemalte Decke mit der Venus im Kaffeehaus oder den herrlichen Fensterbildern.
Auch die verschieden gestalteten Brunnen lassen uns immer wieder staunen.
Wunderschön in Szene gesetzt ist ein Brunnen, in Form einer Muschel. Der grün schimmernde kraterförmige Springbrunnen in der Mitte es Innenhofes wird von dem Wasser der Leopoldina Quelle gespeist.
Die Klänge des Kurorchesters begleiteten uns bei unserem Rundgang durch diese eleganten Terme und einige Bronzeskulpturen gaben mit ihren Instrumenten symbolische Unterstützung.
Die eindrucksvolle Größe des Gebäudes und die Vielfalt der Dekorationen, die die Innenräume schmücken, nahmen uns völlig gefangen, bis um 12.00 Uhr alle Jalousien der kleinen Luxusläden heruntergingen und alles in einem Mittagschlaf bis zum späten Nachmittag versank.
Da sich dem Gebäudekomplex noch eine wunderschön angelegte Parkanlage anschloss, flanieren wir entlang dieser Wege. Vögel zwitschern aufgeregt in den üppigen Baumkronen und der Kies knirscht unter unseren Füßen, als wir vorbei an üppigen Blumenbeeten gehen.
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Danach lauschen wir von schönen Freisitzen dem Plätschern der verschiedenen Brunnen und bestaunten den aus Blumen erstellten Tageskalender. Die Terme Tettuccio, mit seiner großzügigen und eleganten Architektur war auf jeden Fall ein Besuch wert.
Auf einem Hügel, hoch über Montecatini Terme, liegt das mittelalterliche Montecatini Alto. Hinauf gelangt man seit 1898 in einer wunderschönen Panoramafahrt mit einer roten Zahnradbahn. Leider machte auch diese Bahn bis 14.30 Uhr Mittagspause.
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So verzichteten wir auf die schöne Aussicht hinunter vom Hügel auf Montecatino Terme und sahen uns noch das Ortszentrum an. Wir gehen zurück über die Viale Verdi und unser Weg führt uns vorbei an zahlreichen renommierten Hotels, die genau wie einige der Kurhäuser um 1900 im Jugendstil errichtet wurden.
Auch das Rathaus von Montecatini Terme ist ein schönes Jugendstil-Gebäude. Bei unserem Spaziergang durch die Stadt waren sämtliche Geschäfte geschlossen.
Uns ist die klassische südländische Mittagsruhe noch nirgendwo so aufgefallen, wie in diesem Ort. So bummelten wir ungestört und Portemonnaie freundlich durch diesen mondänen Ort.
Das Zentrum des Ortes bildet die Piazza del Popolo. Hier erhebt sich die modern gestaltete Kirche Santa Maria Assunta.
Zum Schluss unserer Besichtigung machen wir eine Pause in einem schönen Straßencafé, bevor wir unsere Fahrt nach Collodi fortsetzen.
Bekannt ist dieses kleine Bergdorf, nur 12 km von Montecatini Terme entfernt, aufgrund seines Pinoccioparks und der Villa Garzoni, mit einem der schönsten italienischen Barockgärten. Für uns Gartenfans eine prunkvolle Parkanlage, die wir uns unbedingt ansehen wollten. Um beide Parks besichtigen zu können, mussten wir erst einmal tief in die Tasche greifen, denn 42,-- Euro wurden uns abgenommen. Bei dieser stattlichen Summe hofften wir nun, auch etwas geboten zu bekommen.
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Die barocke Treppenanlage mit ihren Balustraden, die man auch schon von außen bestaunen kann, ist der Blickfang dieser Gartenanlage. Zwei kreisrunde Fontänenteiche mit weißen Schwänen sowie kunstvoll angelegte Blumenbeete stimmen uns auf diese besondere Gartenanlage gleich hinter dem Eingang ein. Wir kommen zu zwei majestätischen Doppeltreppen, die wir hinauf zu den verschiedensten Terrassen klettern.
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Von hier oben hat man einen herrlichen Überblick. In den Treppenabsätzen stehen teilweise versteckt in Grotten und Nischen Statuen von mythologischen Figuren, wie der Wasserträger und der Bauer mit dem Truthahn.
Oberhalb der Treppenanlage liegen die beeindruckenden Wasserkaskaden, die von einem Teich, gespeist werden. Am Rande des Beckens steht die in einer Muschelschale blasende Ruhmstatue. Ihr Wasserstrahl spritzt in hohem Bogen in den Teich.
Nachdem wir den höchsten Punkt dieses Berghanges erreicht haben, untersuchen wir zahlreiche seitliche Wege und Pfade. Finden versteckte Statuen, Grotten und einen Irrgarten.
Eine Statue mit Maske führt uns zu einer kleinen Freilichtbühne. Durch einen Wald von Steineichen, Zypressen, Lorbeer und Buchsbaum gehen wir entlang der Kaskade wieder zu den unten liegenden Gärten.
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Diese herrlichen Blumenbeete sind in einem dekorativen Muster angelegt. Das Zusammenspiel aus Kunst und Natur ergeben diesen einmaligen Garten. Die Villa, die im 13. Jahrhundert erbaut wurde und auch Haus der 100 Fenster genannt wird, ist wegen Renovierungsarbeiten leider bei unserem Besuch nicht zugängig.
Zum Schluss geht es in den Pincchiopark. Die Geschichten der zum Leben erwachten Gliederpuppe mit der langen Nase, wer kennt sie nicht?
Sie ist Italiens bekannteste Märchengestalt. Als Roman und Film hat der Lügenbold schon viele Kindergenerationen in der ganzen Welt unterhalten (es wurde in 80 Sprachen übersetzt) und zum Nachdenken gebracht.
Der Erfinder von „Pinocchio“ verbrachte seine Kindheit in dem Dorf Collodi und seine Großeltern waren in der Villa Garzoni beschäftigt. In der Schlossküche der Villa erfand 1881 der Schriftsteller Carlo Lorenzini den Lausebengel Pinocchio. Der Bürgermeister der benachbarten Stadt Pescia hatte die grandiose Idee, in Collodi ein Denkmal zu Ehren Pinocchios und seinem Autor zu setzen und so entstanden 1956 die ersten Figuren für diesen Park.
Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Kunstobjekte dazu und heute besichtigen wir einen Skulpturenpark, der nicht nur für Kinder interessant ist, denn auch wir sind mit der Gliederpuppe mit der langen Nase, die bei jeder Lüge ein Stück länger wurde, groß geworden.
Der Park selbst ist eine schöne Grünanlage mit üppiger Vegetation. Doch der Weg führt uns erst einmal über einen Spielplatz, der an diesem späten Nachmittag nicht mehr besonders sauber wirkte, genau wie die Snackbar und der Picknickplatz. Erst danach führt ein Wegelabyrinth zu den einzelnen Skulpturen, die Szenen dieser Kinderbuchfigur zeigen.
Dank der dichten Vegetation ist jede Etappe überraschend und unerwartet. Pinocchio, die Fee mit dem dunkelblauen Haar – die ihm verspricht, dass er eines Tages ein richtiger Junge aus Fleisch und Blut werden würde -, die Katze und der Fuchs – sie sind zwei zwielichtige Gesellen, die mehrmals in der Geschichte auftauchen und mit allerlei Tricks versuchen, Pinocchio um seine Goldstücke zu bringen –, ein Eselchen – in dem Pinocchio verwandelt war - und viele andere Charaktere stehen in großen Bronzeskulpturen an den Wegen.
Zu den schönsten Sehenswürdigkeiten im Park zählen die Zähne des Hais – von dem Pinocchio gefressen wurde. Er glaubt sich schon verloren, bis er im Bauch des Wals unerwartet seinen Vater, - den Tischlermeister Geppetto - entdeckt. Mit vereinter Kraft entkommen sie aus dem schrecklichen Walbauch und Pinocchio verspricht, von da an endlich ein ehrlicher und verantwortungsbewusster Junge zu sein. Als er diesen Vorsatz erfolgreich durchführt und durchhält, wacht er eines Tages als richtiger Junge aus Fleisch und Blut auf. – Diese Skulptur ist für Kinder begehbar und sie können durch dieses Maul gehen, um Gepetto in seinem Bauch zu besuchen, auf den Kopf klettern und sich den Teich von oben ansehen. Auch das große Piratenschiff, welches Geppetto gebaut hat, um Pinocchio zu suchen, bietet für Kinder etwas mehr Unterhaltung, als nur herumlaufen und die Skulpturen ansehen. Der Pinocchio Park ist zwar kein Vergnügungspark, sondern eine mit Kunstwerken geschmückte Gartenanlage, doch bei diesem Skulpturenrundgang muss man schon sehr viel Fantasie haben, um hier begeistert durchzugehen und die Geschichte kennen, denn Erklärungen zu den einzelnen Themen finden wir leider nicht.
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Ein letzter Gang führt uns noch durch das Museum, bevor wir diesen Park etwas enttäuscht wieder verlassen. Da finde ich doch das Buch, was zu den meist gelesenen Märchen der Welt zählt, bedeutend interessanter. Diesen Park und die 10,-- Euro Eintritt pro Person hätten wir uns sparen können und lieber einen Bummel durch den Ort Collodi machen sollen. Das mittelalterliche Bergdorf, mit seiner Pfarrkirche St. Bartolomeo, liegt malerisch steil am Hang, hoch über der Villa Garzoni.
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