C h i u s i
In der Nacht hatte es geregnet und auch am Morgen wollte es nicht richtig frühlingshaft werden. Der Wind strich um das Haus und brachte Wolken mit, die die Sonne verdunkelten. Ausgerüstet mit Schirm, warmer Jacke und festen Schuhen fuhren wir am Mittag trotzdem in das nur 20 km von unserer Ferienwohnung gelegene Chiusi. Es liegt am Ende des Valdichiana-Tals, auf einer Höhe von 400 Metern. Wer sich für Kunst und Kultur der Etrusker interessiert, ist hier richtig, denn als bedeutende Etruskerstadt hatte der Ort seine Blütezeit im 6. Jahrhundert vor Christi.
Da wir unser Auto unterhalb des Stadtparks abgestellt haben, geht unser Weg natürlich erst einmal durch diesen Park. Laut historischen Unterlagen stand in diesem Bereich eine Siedlung aus der Bronzezeit, die beim Bau einer Zisterne zerstört wurde sowie ein historisches Stadtviertel hinter einer Befestigungsanlage. Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Stadtmauern eingerissen und ein Teil der Befestigungen wurde 1944 zum Stadtpark umgebaut. Dabei wurden die beiden Eingangstore aus altem Baumaterial neu zusammengesetzt.
Zentrum der überschaubaren Stadt ist der Domplatz, dem gegenüber das archäologische Museum liegt. Dieses „Museo Nationale Etrusca“ gehört zu den sehenswertesten archäologischen Museen der Toskana und ist eines der wichtigsten Aufbewahrungsorte Italiens für etruskische Kultur.
Kein Wunder, denn schließlich geht die Gemeinde, die unter den Etruskern noch Camars hieß, auf diesen Volksstamm zurück. Durch zahlreiche Ausgrabungen kamen einzigartige Fundstücke wieder ans Tageslicht. Keramikfunde, Terrakotta-Figuren, Reste von Hütten und Gräbern zeugen von dieser Epoche.
Da Archäologie uns nicht besonders interessiert, verzichten wir auf einen Museumsbesuch und sehen uns dafür lieber die Kathedrale San Secondiano an. Die Silhouette war gegen die dunkel drohenden Wolken hübsch anzusehen. Sie stammt aus dem 6. Jahrhundert und ist im Spätmittelalter komplett umgebaut worden. Wie Fußbodenreste vor der Absis zeigen, stand hier schon in spätrömischer Zeit ein Vorgängerbau.
Das Innere des Doms mit seinen drei Schiffen wird durch 18 wiederverwendete römische Säulen und Kapitelle getrennt.
Neben dem Dom befindet sich das Museum dieser Kathedrale. Hier befinden sich Ausgrabungen von etruskisch-römischen und christlichen Funden, die unterhalb der Kathedrale gefunden wurden. Ferner religiöse Bücher aus dem 15. und 16. Jahrhundert.
Links neben dem Dom steht der im 12. Jahrhundert errichtete Turm San Secondiano, der 1585 zum Glockenturm umgewandelt wurde.
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Wir setzen unseren Spaziergang durch die kleine Stadt mit den roten Hausdächern fort und kommen zum Platz des XX September. Blickfang ist der schöne Brunnen mit Rathaus und Uhrenturm.
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Auf der Via Paolozzi befindet sich die Klosterkirche San Francesco, mit angrenzendem Kloster und Hof. Schon in den Jahren unmittelbar nach dem Tod des Heiligen Franciskus entstand im Gebiet von Chiusi die erste franziskanische Gemeinschaft.
Diese Kirche wurde im 13.–14. Jahrhundert gebaut und sein äußeres Erscheinungsbild hat sich seit der Erstellung kaum verändert. Die mit Fresken geschmückten Wände im Inneren der Kirche wurden erst im 19. Jahrhundert stellenweise wieder freigelegt.
Das heutige Erscheinungsbild im Inneren der Kirche entstand nach einem Umbau ca. 1823. Sehenswert im Innen sind verschiedene freigelegte Fresken, Tafelbilder sowie ein hölzernes Chorgestühl und das Kruzifix.
Sehr sehenswert ist der Innenhof mit seinem Kreuzgang aus dem 17. Jahrhundert. Er beherbergt heute eine Sammlung römischer Funde. In dem Klostergebäude befindet sich heute das Zentrum für Forschung und Dokumentation zur Geschichte von Chiusi, die Stadtbibliothek und einige andere kulturelle Einrichtungen.
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Sehenswert ist auch der Garten „Il Prato“. Er war einst Privatbesitz der Familie Paolozzi und wurde Ende des 18. Jahrhunderts öffentlicher Park. 1923 wurde hier das Gefallenendenkmal mit der Inschrift „Die Mutter Etruria beweint ihre Söhne“ aufgestellt und eingeweiht.
In der Achse des Denkmals wurde eine Treppe angelegt und auch der Ballspielsplatz in einen Garten umgewandelt, in dem heute archäologische Fundstücke ausgestellt sind, denn an archäologischen Sehenswürdigkeiten herrscht in dieser kleinen Stadt kein Mangel. Wir schlendern die Einkaufsstraße Via Lavinia entlang und kommen am Ende der Straße automatisch auf das letzte noch erhaltene antike Stadttor, die Porta Lavinia.
Bei unserem Rückweg zum Auto merken wir, dass der Wind langsam kühler geworden ist und die ersten Regentropfen fallen aus den tief hängenden Wolken. Die Passanten, die mit uns auf der Via Lavinia entlang gehen beschleunigen wie wir ihre Schritte, um den jetzt einsetzenden Nieselregen zu entkommen.
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