Bagni San Filippo, Radicofani und Sarteano
Strahlender Sonnenschein weckte uns heute Morgen, darum ging es gleich nach dem Frühstück in Richtung Bagni San Filippo. Immer wieder ist der Weg das Ziel, denn auf der Panoramastraße zwischen La Vittoria und Le Conie fanden wir Naturschönheiten rechts und links der Straße, die uns auf dieser Fahrt zu einigen Fotostopps animierten. Die Landschaft lässt einem nicht los und so wird unsere Speicherkarte von Tag zu Tag voller.
|
Doch auch Bagni di San Filippo ist ein wahrhaft spektakulärer Ort am Fuße des Monte Amiata. Schon von Weitem kann man den schwefeligen Geruch der natürlichen Heilquelle wahrnehmen. Sie sprudelt aus den Tiefen des Vulkangesteins angenehm temperiert mit 25 bis 52 Grad Celsius hervor und bahnt sich dann den Weg als „Rio Bianco“ durch das stille Tal.
Am Ortseingang weist schon ein Schild auf diese Thermalquelle hin. Der Ort selber ist so klein, dass es nur eine Straße hindurch gibt, die zudem nur in eine Richtung zu befahren ist.
Was waren wir erstaunt, als es entlang der Straße keinerlei Parkmöglichkeit mehr gab. Dicht an dicht standen die Autos an diesem Montagmorgen und wir mussten noch eine Ehrenrunde durchs Dorf drehen, doch einen Parkplatz fanden wir nicht. So blieb uns nichts anderes übrig, als unser Auto außerhalb des Ortes abzustellen.
Erst am Nachmittag, nachdem wir feststellten, dass auch alle Tankstellen geschlossen hatten, wurde uns klar, dass am 2. Juni ein gesetzlicher Feiertag in Italien sein musste, nämlich „Festa della Repubblica Italia“.
Konnten wir in Bagno Vignoni an den frei zugängigen Becken absolute Einsamkeit und Ruhe genießen, herrschte hier reges Treiben und wir brauchten nur den Menschen mit Handtuch über der Schulter zu folgen. Ganze Großfamilien samt Kleinkind und Oma rücken heute an, um genussvoll ihre Zipperlein zu pflegen. Wir gingen mit ihnen in den Wald und hinunter ins Tal. Dort kommt man zu dem natürlichen Verlauf des Quellflusses „Fosso Bianco (weißer Bach). Dies ist ein 2 km langer Abflussbach der Thermalwasser.
Wir folgen dem Weg des Wasserlaufs und klettern über Steine und Wurzeln und gelangen so an die ursprüngliche Badestelle.
Hier fließt das Wasser in Kaskaden weiter. Unterhalb dieser kleinen Wasserfälle haben sich im Lauf der Zeit natürliche kleine Wasserbecken ins Flussbett gegraben.
Hier nehmen die Badenden eine Dusche unter den herabstürzenden heißen Wasserfällen oder genießen das Thermalwasser sitzend in den Wasserbecken.
Das Wasser hat in seinem Lauf bergab bizarre Kalkablagerungen geformt, die an eine Polarlandschaft erinnern.
Eine besondere Attraktion ist ein weißer Travertinfelsen. Die Einheimischen nennen ihn auch „Balena Bianca – weißer Wal“. Denn er sieht aus wie der große Kopf eines Buckelwales.
Es ist schon ein beeindruckendes Naturschauspiel, wenn plötzlich aus dem dunklen Wald dieser riesige, strahlend weiße Travertinfelsen auftaucht. Doch was wie ein Eisberg aussieht, ist reiner Kalk, dass das heiße Thermalwasser hinterlässt, wenn es hinunter in die wohlig warmen Naturbecken zwischen den hohen Bäumen fließt und seinen Weg bis in den kleinen Bach fortsetzt. Eigentlich ist der Kalkfelsen als Naturdenkmal geschützt, doch während unseres Aufenthaltes tummelten sich hunderte von Badenden auf ihm herum oder haben in den badewannenwarmen Becken gelegen. Im Sommer wird ein Großteil des Wassers ins Thermalschwimmbad im Ort abgeleitet und dann ist Baden nur noch im Fluss Rio Bianco möglich.
|
Die goldenen Zeiten, zu denen alle gleich waren und sich frei in dem Thermalwasser tummeln durften, sind dann vorüber. Das Thermalwasser füllt erst einmal die Kassen der neuen Thermalbadbesitzer. In der neuen Therme geht es exklusiver und ruhiger zu. Hier aber ist es lebendiger, abwechslungsreicher und kostenlos.
Es ist faszinierend durch den Wald entlang des Flusslaufes zu laufen, wo weitere kleine Quellen entspringen. Dieser wildromantische Bachlauf hat zahlreiche Terrassen gebildet, in denen sich das Wasser zu natürlichen Badebecken aufstaut, die fast alle durch Badende besetzt sind.
Jedes Becken ist verschieden, doch sind sie fast alle von grünem Buschwerk und Felsen umgeben. Die kleinen Becken sehen aus, als wären sie mit verdünnter Milch gefüllt, doch die großen und tieferen leuchten in einem feinen Pastellton.
Wir folgen den ausgetretenen Fußspuren in dem kleinen Wäldchen und sehen immer wieder neue Stellen, in denen Badende bis zum Hals in den kreisrunden Becken liegen.
Dieses Wasser ist nicht nur herrlich warm, sondern es enthält viele wertvolle Mineralien, die sich heilsam auf Gelenke, Knochen, Haut, Nasenebenhöhlen, Bronchien und Lungen auswirken.
Diese besondere Zusammensetzung ist verantwortlich für die eigenartige Färbung des Wassers in den Badebecken.
Wir haben uns heute gegen ein Gratiswarmbad mit natürlichen Schlammpackungen entschieden und sehen uns lieber die wenigen Wohnhäuser, die sich um das Kurhotel und dem Thermalbad liegen an. Entdeckt und erstmalig schriftlich erwähnt wurde es 1271 von Filippo Benizi. Er zog das Leben in religiöser Einsiedelei den anstrengenden und herausfordernden Verpflichtungen eines Papstes vor und floh vor seiner Wahl zum kirchlichen Oberhaupt in das damals noch wilde und unzugängliche Tal. Später wurde er heilig gesprochen und sowohl der Ort als auch die Kirche wurden nach ihm benannt. Heute ist der kleine blumengeschmückte Ort auf Badende und Touristen eingestellt und es gibt auch zwei Osterien und einen typischen kleinen Kaufmannsläden, in denen die Dorfbewohner ihren Kaffee trinken.
Uns ist es heute hier einfach zu überlaufen und so setzten wir uns lieber wieder in unser Auto. Jeder Ausflug auf den Straßen der Toskana ist eine Augenweide und so finden wir auf der Straße zwischen Le Conie und Radicofani einen kleinen, idyllisch gelegenen Rastplatz mit Tisch und Bank, inmitten einer Wildblumenwiese, die von der Natur in verschwenderischer Weise bedacht ist.
|
Vom Müßiggang der Italiener angesteckt stellen wir unser Auto ab und genießen von der Bank das wunderschöne Panorama der Hügellandschaft. Die vereinzelten bauschigen Wolken bildeten einen fernen Hintergrund an dem sonst klaren blauen Himmel. Da wir auch nie ohne Verpflegung und Getränke unterwegs sind, fehlt bei dieser Picknickpause rein gar nichts. Jetzt im Mai/Juni zeigt die Natur ihre wunderbare Kraft, indem sie aller grünen und blühen lässt. So farbenprächtig kann man die Landschaft in keinem anderen Monat erleben. Die warmen Sonnenstrahlen und die üppige Blütenpracht wirkt wie ein Fröhlichmacher und man blüht immer wieder selber auf und man fühlt sich viel entspannter. Wir sitzen auf der Bank und beobachten die Bienen, wie sie von Blüte zu Blüte fliegen – es sind einzigartige Wohlfühlmomente.
|
Wir saßen beinahe schon zwei Stunden, die Frühlingssonne wärmte und wir hätten fast die Zeit vergessen, doch wollten wir noch weiter nach Radiconfani. Diese Gemeinde liegt, genau wie Bagno Vignoni, an der historischen Straße Via Francigena im Val dÓrcia und hat 1148 Einwohner.
|
Schon lange bevor man die Kleinstadt erreicht, sieht man die imposante Festungsruine auf dem Gipfel des Berges, die in der Hügellandschaft ein guter Orientierungspunkt ist. Die Ortschaft hat einen mittelalterlichen Stadtkern, der durch Restaurierungsarbeiten gut erhalten worden ist.
Auch hier herrschte in allen Gassen Hochbetrieb, denn an diesem Wochenende feierte der Ort ihr traditionelles Fest des alten Handwerks.
In allen Straßen stoßen wir auf alte landwirtschaftliche Geräte, darunter teilweise sehr alte Veteranen und es werden uns alte Handwerkskünste vorgeführt, die uns die Arbeit und die Welt vergangener Tage näher bringen.
So sehen wir einem Schuhmacher über die Schulter und voller Stolz wird Interessierten an diesem Tag vorgeführt, wie zu früheren Zeiten das Getreide gedroschen wurde.
Die alte Maschine poltert und raucht, bis sich die Dreschmaschine allmählich in Gang setzt. Rings um diese Vorführung staubt es ganz schön, wie es sich für das Spektakel des Dreschens gehört. Nach und nach kommen immer mehr Zuschauer, die sich von der Vorführung in den Bann ziehen lassen.
|
Das für diese Vorführung gelagerte Getreide wird in dieser Maschine von einem Schneidewerk geöffnet, bis am Ende Körner, Spreu und Stroh getrennt voneinander wieder ihren Weg ins Freie finden.
Man braucht schon ein wenig Zeit, um sich die vielen Ausstellungsstände und das gastronomische Angebot anzusehen und hier und dort zu kosten.
Bei unserem Bummel durch das historische Zentrum sehen wir die romanische Kirche San Pietro und die Kirche Sant´Agata .
Im Inneren der Kirche Sant´Agata aus dem 15. Jahrhundert sind wir heute Nachmittag ganz alleine und so können wir uns in Ruhe im Innenraum umsehen.
Auf unserer Heimfahrt stellen wir wieder einmal fest, es ist immer wieder ein Genuss durch eine sonnenüberflutete Hügellandschaft, auf kleinen Straßen zu fahren. Zumal diese Straße im Reiseführer als landschaftlich schöne Straße gekennzeichnet ist. Auf dieser Strecke haben die gelben Sträucher ihren großen Auftritt. Diese Blütenwunder begleiten uns schon die ganze Zeit unseres Aufenthaltes. Doch hier in der Hügellandschaft zeigt sich ein Meer von goldgelben Sträuchern.
|
Der Ginster, mit seinen geflügelten gelben Blüten ist eine Augenweide und zudem duftet er süß an überhängenden Zweigen. Das satte Gelb und das Grün der Wiesen konkurriert mit dem strahlend blauen Himmel. Wieder einmal werden Auge und Nase von der Natur verwöhnt und wir stellen fest, wenn man alle landschaftlich schönen Strecken in der Toskana abfahren wollte, bräuchte man Monate.
Da die Kleinstadt Sarteano auf unserer Rückfahrt liegt, entschließen wir uns am späten Nachmittag noch zu einem weiteren Stadtbesuch.
|
Schon vom Weiten sehen wir das Panorama von Sarteano, mit seiner Burg, vor uns. Der Festungsturm, auf einer Höhe von 573 Meter, dominiert gegen das Grün des Monte Cetona. Das historische Zentrum besteht aus einem Labyrinth von kleinen Straßen und Gassen, die sich am Fuße der mittelalterlichen Burg befinden.
Die Sonne steht schon tief und scheint in diese schmalen Gassen teilweise schon nicht mehr herein, doch ein kleiner Stadtgang muss noch sein.
Als erstes lesen wir in unserem Reiseführer von der seit April 2010 bestehenden Städtepartnerschaft mit dem Ort Gundelsheim in Oberfranken. Diese Stadt liegt an der Nordostgrenze der Stadt Bamberg, unmittelbar am Bamberger Kreuz.
Ist der Sarteano zwar nur halb so klein wie seine Partnerstadt, hat er doch einige Sehenswürdigkeiten.
Das Zentrum des historischen Stadtkerns bildet die Piazza XXIV Giugno. Hier befindet sich das Theater „Arrischianti“. Es ist eines der schönsten Schmuckstücke von Sarteano und liegt im Inneren des Kommunalpalastes – Rathaus -.
Wir gehen durch die Gassen und stehen vor dem Gotteshaus San Francesco di Sarteano. Die Fassade ist im Renaissancestil gehalten, nach dem Willen vom Papst Pius III - Francesco Piccolomini Tedeschini -, dem Papst gebürtig aus Sarteano. Über der Eingangspforte prangt das Wappen der florentinischen Adelsfamilie der Piccolomini.
Die mittelalterliche Vergangenheit der Stadt wird nicht nur durch die Burg, sondern auch von einer großen Zahl von Kirchen belegt.
Die Stiftskirche San Lorenzo wurde im 12. Jahrhundert mit Materialien aus der Römerzeit erbaut. Zahlreiche Kunstschätze verbergen sich im Inneren der Kirche. So besitzt die Marien-Verkündigung, einen wunderschönen Tabernakel aus Marmor, zwei Tafelbilder und die Gräber der Ahnen von Pius III.
Der Ort ist in fünf Stadtbezirke aufgeteilt.
In der Contrada di San Martino liegt neben der gleichnamigen Kirche aus dem 18. Jahrhundert auch eines der drei alten Stadttore, das Porta Umbra.
Der Name ist gleichzeitig Information, dass sein Ausgang in Richtung Umbrien zeigt.
Der Mond macht es sich gerade am Himmel bequem, als wir nach einem schönen Tagesausflug zurück zu unserer Ferienwohnung fahren.
|