Mittwoch, 31.7.2019 Auf dem Weg zurück nach Potsdam
Um 0.20 Uhr stoppte die MS Saxonia ihre Fahrt und Scheinwerfer leuchten über das Wasser und hinüber zum Land. Warum hatten wir unsere Non-Stop-Fahrt unterbrochen? Ein mulmiges Gefühl machte sich bei mir breit. Doch ein Blick auf Google Maps zeigte uns, dass wir vor der Lehnitz-Schleuse liegen. Trotz allem, dass sie die verkehrsreichste Schleuse für die Berufsschifffahrt an der Havel-Oder-Wasserstraße ist, war sie bis 6.00 Uhr geschlossen. Die Motoren wurden ausgestellt und das Schiff wurde romantisch im Schilf an Pollern festgemacht. Für uns hieß es, ganz in Ruhe und entspannt konnte diese Nacht geschlafen werden.
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Hatten wir heute Nacht nur aufgrund der Scheinwerfer unseres Schiffes die Umgebung rund um unser Schiff wahrgenommen, zeigte sie sich im Morgengrauen in einer zauberhaften Atmosphäre, während die ersten Sonnenstrahlen die Wärme des beginnenden Tages ankündigten. Pünktlich nach Betriebsbeginn wurden wir geschleust und setzten danach die Rückfahrt fort. Nach dem Frühstück konnten wir leider, wie auch schon auf der Hinfahrt, nicht aufs Außendeck. Aufgrund der niedrigen Brücken war das Deck wieder komplett gesperrt. Da die Kabine noch nicht wieder hergerichtet war und die Klappbetten kaum Bewegungsfreiheit boten, gingen wir mit einem Buch in den Salon und vertrieben uns mit Lesen die Zeit. Um 10.00 Uhr erhielten wir die Abreise-Informationen und gingen danach zum Kofferpacken auf unsere Kabine.
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Nach dem Mittagessen stoppten wir kurz in Brieselang, denn von hier startete der Ausflug nach Potsdam.
Da wir die Stadt vor unserer Reise schon ausgiebig einen Besuch abgestattet hatten, blieben wir mit einer Vielzahl von Reisenden auf dem Schiff. Ein leichter Regenschauer machte es uns leicht auf das gesperrte Deck zu verzichten. So war die Panoramabar an diesem letzten Nachmittag unser Aufenthaltsraum.
Bis nach dem Kaffeetrinken verbrachten wir dort unsere Zeit. Danach riss nicht nur der Himmel auf, auch das Außendeck wurde wieder freigegeben.
So hatten wir ab der Nedlitzer Brücke die letzten Kilometer bis nach Potsdam noch ein kontrastreiches Panoramaprogramm. Die Untere Havel-Wasserstraße ist eine Sammelbezeichnung staugeregelter Havelstrecken mit zahlreichen Durchstichen, Seen und Kanälen.
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Der Jungfernsee ist einer der Seen, der von der Havel durchflossen wird. Nur an wenigen Plätzen sind Badestellen, die zu Fuß oder mit dem Rad erreicht werden können. Er erstreckt sich über 3,5 Kilometer und liegt quer zur natürlichen Fließrichtung der Havel.
Der größte Teil seiner Wasserfläche ist Potsdamer Stadtgebiet. Nur ein kleines Dreieck gehört zu Berlin. In diesem See liegt die Landesgrenze zwischen Brandenburg und Berlin. Vor 1990 verlief hier die Staatsgrenze zwischen DDR und Westberlin. Der See war quasi ein Teil der Berliner Mauer.
Vom Wasser aus sehen wir hinüber zum Anleger des Schloss Cecilienhof. Es liegt in einem 74 Hektar großen Garten, der sich zwischen dem Heiligen- und dem Jungfernsee befindet. Es ist das letzte von den Hohenzollern erbaute Schloss. Hier kamen 1945 Stalin, Trumann und Churchcill zusammen und haben die Teilung Deutschlands beschlossen. In dem Schloss befindet sich heute ein Museum.
In der Ferne können wir wenig später die Heilandskirche am Havelufer sehen. Friedrich Wilhelm IV. wünschte sich eine Kirche in italienischem Stil mit freistehendem Glockenturm (Campanile). Die aufgrund ihrer Lage und ihres Stils außergewöhnliche Kirche wurde 1844 errichtet. Seit 1961 lag sie im Bereich der Berliner Mauer und wurde nach der politischen Wende in den 1990er Jahren restauriert. Eingebettet in den Sacrower Schlosspark ist sie Teil der Potsdamer Havellandschaft, die von der Pfaueninsel bis nach Werder reicht.
Prinz Carl ließ in reizvoller Lage am Ufer des Jungfernsees 1824 nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel das Casino erbauen, welches wir nach kurzer Fahrt vor uns sehen. Das Gebäude mit seinen weit ausladenden Laubengängen wurde nach italienischem Vorbild gebaut und zählt heute zu den eindrucksvollsten Bauwerken der Potsdamer Kulturlandschaft.
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Während wir die vorbeiziehende Havellandschaft genießen, liegt vor uns schon die Glienicker Brücke. Die 1907 eröffnete Brücke über die Havel ersetzte eine Zugbrücke von Karl Friedrich Schinkel und erleichterte so den Straßen- und Schiffsverkehr zwischen Potsdam und Berlin. Sie ist eine der wenigen gusseisernen Originalexemplare, die den Krieg überlebten. Nach 1945 war die Brücke ein legendärer Schauplatz des Kalten Krieges. Aufgrund ihrer Abgeschiedenheit wurde die Grenzübergangsstelle auf der Brücke in den Jahren 1962, 1985 und 1986 für den Austausch internationaler Agenten aus Ost und West genutzt. Nach dem Fall der Mauer konnten am 10. Nov. 1989 erstmals wieder Menschen frei über die Brücke gehen. Heute ist die Brücke eine unspektakuläre Verbindung nach Potsdam.
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Schlängelt sich der Rhein malerisch zwischen steilen Felsen und alten Burgen auf seinem Weg von Mainz nach Koblenz hindurch, schlängelt sich die Havel zwischen den verschiedensten Schlossanlagen hindurch.
Gleich hinter der Brücke steht auf unserer linken Seite das Schloss Babelsberg. Es wurde als Sommersitz für den Prinzen Wilhelm, den späteren Kaiser Wilhelm I und seiner Frau errichtet und wurde mit Türmchen, Erkern und verschiedenen Fensterformen im Burgstil errichtet. Die 1845 eingeweihte Fontäne, der sogenannte Geysir, erreicht bis zu 40 Meter Höhe. Das 1842 im Babelsberger Park als „einfaches Gartenhaus“ für Kronprinz Friedrich Wilhelm gebautes Schlösschen ist heute ein ganzjährig geöffnetes Restaurant. Von der Gartenterrasse hat man aufgrund der zauberhaften Lage am Ufer des Tiefen Sees einen freien Blick über das Wasser.
Auch dieser See wird von der Havel durchflossen. An ihr steht auch der Flatowturm. Er wurde von 1853 bis 1856 im Park Babelsberg errichtet.
Vorbild des 46 Meter hohen Gebäudes war der mittelalterliche Turm des Eschenheimer Tors in Frankfurt am Main.
Von der Aussichtsplattform soll man einen schönen Blick auf die Potsdamer Parklandschaft haben.
Gegenüber dem Flatowturm steht das Hans-Otto-Theater. Das Theater, benannt nach dem Schauspieler Hans Otto, ist ein im Jahr 2006 eröffneter Bühnenneubau mit 485 Plätzen an der Schiffbauergasse.
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Direkt vor dem Neubau liegt das Theaterschiff. Es ist das 1924 gebaute Binnenschiff „Sturmvogel“, ein ehemaliger Schleppkahn. Das 52 Meter lange und 6 Meter breite Schiff wurde in den 1990er Jahren zum Theaterschiff umgebaut und bietet rund 90 Personen Platz.
Eine Flussfahrt ganz besonderer Art bietet die Floßstation Huckleberrays Tour.
Das Floß mit Hütte, Schlafsack, Isomatte, Grill und Kohle sowie eine Petroleumlampe fürs Licht kann für Tages- oder auch Mehrtagestouren gebucht werden und bringt sicherlich unvergessliche Erlebnisse auf Havel, Spree oder den verschiedenen Seenlandschaften.
Wir geben da doch lieber unserem etwas größeren Schiff den Vorzug.
Mit jedem Kilometer kommen wir dem Ende unserer Reise immer näher. Vor uns liegt die Seniorenresidenz Heilig-Geist-Park von Potsdam, die aus zwei Häusern besteht und 1997 fertiggestellt wurde. Eines der Häuser ist der ehemaligen Heiligengeistkirche nachempfunden.
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Es ist ein Gebäude mit Turm, stählerner Turmspitze und "Schiff". Der Turm enthält 22 Einraum-Appartments mit jeweils großzügigen 47 m² Wohnfläche. Die Appartments sind verteilt auf 11 Etagen. Zwei Aufzüge fahren die Turmetagen an.
Nun verengt sich die Havel kanalartig zur Alten und Neuen Fahrt, dazwischen liegt die Freundschaftsinsel.
Sie ist ein Kleinod unter den städtischen Grünanlagen in Potsdam. Aus einer Schwemmsandinsel entstanden, wurde auf dieser Insel ein Schau- und Sichtungsgarten vor allem für Stauden- und Rosenpflanzungen angelegt und 1941 eröffnet.
Wir haben die Insel in unserem Vorprogramm besucht und waren von dem Park sehr angetan.
Pünktlich um 17.30 Uhr, so als wären keine Routenänderungen und das Schiffsunglück passiert, sind wir wieder am Anleger in Potsdam zurück.
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Während den letzten Kilometern unserer Flussfahrt haben wir festgestellt, Potsdam ist eine Insel, von Wasserläufen, Seen und Buchten umgeben, die man am besten vom Wasser aus betritt. Ein starkes Gewitter am Abend lässt uns nicht mehr vom Schiff und so trinken wir gemeinsam mit unseren Reisebekannten ein letztes Glas Wein im Salon und gehen dann auf unsere Kabine.
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