Samstag, 27.07.2019 Stralsund – Hiddensee
Da liegen wir heute Morgen noch immer in Stralsund und waren nicht, wie im Reiseplan angegeben, von 9.00 – 14.00 Uhr in Zingst. Warum dieser Hafen aus dem Plan gestrichen wurde, ist uns leider nie mitgeteilt worden. Für die Ausflügler, die eine Rundfahrt Zingst und Darß gebucht hatten, änderte sich, außer dass sie eine längere Anfahrt hatten, nicht viel. Uns blieb leider nichts anderes übrig, als bis zum Mittagessen einen weiteren Stadtbummel durch Stralsund zu machen.
Wir starten unseren heutigen Rundgang an der Hafenpromenade im Stadthafen. Er liegt, durch zwei Kanäle von der Altstadt getrennt, auf der Hafeninsel und ist über eine Brücke mit dem touristischen Zentrum der Stadt verbunden. Direkt gegenüber unserem Anleger steht der Neubau des Ozeaneum. Doch auch in den danebenstehenden Hafenspeichern aus den Jahren 1889 und 1905 sind heute Teile des Ozeaneum untergebracht. Es ist ein Meeresmuseum, das eine Unterwasser-Reise von Stralsund durch die Ostsee bis zum Atlantik bietet. In vielen verschiedenen Becken lassen sich Tausende Tiere betrachten. Die vor dem Eingang stehende Steinskulptur in Form eines Seelöwen möchte uns den Besuch schmackhaft machen. Wir genießen jedoch lieber den wunderschönen sonnigen und warmen Vormittag.
|
Vorbei an der Gorch Fock I, einem 1933 gebauten Segelschulschiff, dass seit 2003 als Museumsschiff hier im Hafen liegt, stehen wir vor einem alten Speicherhaus – dem Koggenspeicher, in dem sich das Skurrileum befindet. Es ist ein Museum für „Komische Kunst“.
|
Zwei ausgefallene Skulpturen stehen auf der heute Morgen noch menschenleeren Promenade, ob sie zum Museum gehören ist nicht erkennbar. Wir gehen vorbei an alten Hafenspeichern. An eines dieser Gebäude erinnert ein Relief einer Hansekogge an die frühere Nutzung. Vom nördlichen Ende der Hafeninsel, wo die Boote nach Rügen und Hiddensee ablegen, blicken wir zur Altstadt und den Türmen der St. Nikolaikirche am Alten Markt.
Unser Morgenspaziergang geht vorbei an der nördlichen Stadtmauer, an der das Johanniskloster liegt. Es wurde 1254 von den Franziskanermönchen gegründet und gehört somit zu den ältesten Bauwerken der Hansestadt Stralsund. Auf dem Klostergelände befindet sich das Stralsunder Stadtarchiv und die Klosterräume werden als Magazin genutzt. In den 1960er Jahren saniert, bietet der Kapitelsaal mit seinem Kreuzgewölbe ein faszinierendes Ambiente für Konzerte und Vorträge.
|
Direkt an der Sundpromenade am Rande der Weltkulturerbe-Altstadt steht ein unter Denkmalschutz stehendes dreigeschossiges Backsteinhaus. Hier ist das Hansa Gymnasium untergebracht. Sehenswert sind die Treppentürme mit Kupferdach und ein Aussichtsturm. Haben wir gestern bereits das Kütertor besichtigt, stehen wir nun vor dem Kniepertor. Es ist eines der zwei noch erhaltenen Tore der Stadtbefestigung. Seine heutige Form über eine Durchfahrt erhielt der rechteckige Bau mit seinem niedrigen Turm im 15. Jahrhundert. Das Tor spielte mehrmals in der Geschichte der Stadt eine bedeutende Rolle, da es z.B. Wallenstein im Dreißigjährigen Krieg an der Eroberung Stralsunds hinderte.
Seitlich am Tor befindet sich ein Gedenkstein, er innert an die Hinrichtung des ehemaligen schwedischen Artillerieleutnant Friedrich Gustav von Petersson. Er wurde am 3. Mai 1809 zum Tode verurteilt und vor dem Kniepertor hingerichtet.
Unser Rundgang führt uns weiter zum Olaf-Palme-Platz. Hier steht seit über 100 Jahren das Theater von Stralsund. Dieses Gebäude ist der dritte Theaterbau in der Geschichte der Stadt Stralsund. 2005 wurde das Haus geschlossen, um einige umfangreiche Sanierungsarbeiten durchzuführen. Im Februar 2008 wurde das große Haus unter Teilnahme der Bundeskanzlerin Angela Merkel feierlich wiedereröffnet.
|
Am Knieperteich machen wir eine kleine Pause und genießen die warmen Strahlen der Morgensonne. Der Teich befindet sich in einem malerisch angelegten Park und war früher Teil der Stadtbefestigung, die aus einem System von Stadtmauer, Stadttoren und Teichen bestand. Heute dient der Teich weder zur Verteidigung der Stadt und wird auch nicht mehr zur Trinkwasserversorgung der Bevölkerung benötigt.
Nach dieser Pause gehen wir wieder zurück zum Alten Markt. Da das historische Volksfest der „Wallensteintage“ heute Morgen noch nicht begonnen hat, können wir nochmals in aller Ruhe das Herzstück der historischen Altstadt betrachten.
Absolute Hingucker sind das Rathaus, die Nikolaikirche und das Wulflamhaus. Bauherr des Wulflamhauses war der machtbewusste Bürgermeister Wulflam. Er vertrat die Stadt als geschickter Diplomat und galt zu seiner Zeit als der reichste Mann im Ostseeraum. Noch heute beeindruckt sein prachtvolles Haus mit der aufwendigen Fassade.
Das Stralsunder Rathaus ist eine weitere Perle auf diesem Platz. Auch dieses imposante Backsteinbauwerk aus dem 14. Jahrhundert ist mit einer aufwendigen Schmuckfassade verziert und sicherlich das am häufigsten fotografierte Motiv. Es war einst eine Art Markthalle und die überdachte Innenhof-Passage „Buttergang“ ist öffentlich und führt zum Westportal der Nikolaikirche.
Wie bereits gestern geht unser Weg auch heute noch einmal zum „Neuen Markt“, wo sich uns die Marienkirche präsentiert. Diese dreischiffige Basilika und der hoch emporragende Westturm gelten als Meisterwerk der mitteleuropäischen Spätgotik.
Wir bummeln die Papenstraße entlang und kommen zur Jakobikirche. Die dreischiffige Pfeilerbasilika wird zurzeit mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz saniert. Da das Äußere der Kirche bereits wiederhergestellt wurde, fällt uns das schöne barocke Südportal auf. Es ist mit Skulpturen, Halbsäulen und Reliefs geschmückt.
Entlang verwinkelter kleiner Gassen, die den Charme der Altstadt ausmachen, gehen wir zurück zum Hafen. Hier gehen wir hinauf auf Stralsunds exklusivste Sonnenterrasse. Die Lokalität Kron-Lastadie mit der wunderschönen Hafenterrasse bietet einen fantastischen Ausblick über das Hafengebiet. Gutes Essen und regelmäßige Veranstaltungen inbegriffen.
|
Der Rundumblick auf die künstlich aufgeschüttete Hafeninsel vor den Toren von Stralsund und auf das nur 190 Meter neben der Kron-Lastadie gebauten neuen Ozeaneum sind fantastisch. Der jüngste Standort des Deutschen Meeresmuseum in Stralsund lockt mit 50 Aquarien jährlich über 500.000 Besucher an. Diese spektakuläre Architektur mit großen Glasfronten bildet einen bemerkenswerten Kontrast zu den alten backsteinernen Speichern. Diese Hafeninsel vermittelt mit seinen Kanälen ein maritimes Flair und kleine Boote und Fischkutter haben hier ihren Anlegeplatz. Zur Stralsunder Institution gehören ferner die Imbissboote mit ihren leckeren Fischbrötchen und heißen Fischgerichten. Zurück an Bord stellen wir fest, es war ein entspannter Vormittag in dieser sehenswerten Stadt Stralsund. Trotz allem hätten wir heute Morgen auch gerne einen Bummel durch Zingst gemacht.
Abfahrt 14.00 Uhr nach Vitte/Hiddensee
Wir haben unser Essen gerade hinter uns, da legt unser Schiff ab in Richtung Hiddensee. Von der Reling genießen wir einen letzten Blick auf das weitläufige Hafengebiet am Strelasund mit den historischen Speichern, dem modernen Ozeaneum und dem Segelschiff Gorch Fock I.
Trotzdem das wir nun 2 Tage die Altstadt zu Fuß erkundet haben ist die weit sichtbare Silhouette der Stralsunder Altstadt von der Meerseite aus betrachtet am imposantesten. Nachdem wir den Strelasund verlassen haben und auf dem Kubitzer Bodden fahren, schlagen die ersten Wellen gegen das Schiff. Der Bodden wird begrenzt von der Hansestadt Stralsund im Süden und der Insel Hiddensee im Norden. Es ist ein vom offenen Meer durch Landzungen abgetrenntes Küstengewässer an der Ostsee.
Eine schöne Brise weht uns jetzt um die Nase und die Wellen klatschten ganz schön gegen den Rumpf des Schiffes. Das Meer, der Wind und die Sonne begleiten uns auf der Fahrt nach Vitte. Häufiges Problem im Kubitzer Bodden ist, lt. Internet-Recherche, die Windanfälligkeit. Nicht nur, dass durch die große Wasserfläche hohe Wellen entstehen können, der Wind "wühlt" das flache Gewässer auch ungünstig auf. Uns macht die Brise aber nichts aus.
|
Wir stehen an der Reling und beobachten die Boote, die rechts und links ganz nah an uns vorbeirauschen. Der Kubitzer Bodden ist ein ausgesprochen flaches Gewässer mit einer Wassertiefe zwischen 1,5 und 2 Metern. Einen sicheren Schiffsverkehr bietet nur die schmale ausgebaggerte Fahrrinne, in dem es bei entsprechendem Verkehrsaufkommen sehr eng werden kann. So machen wir uns erst auch keine Gedanken, als das Fährschiff Vitte direkt auf uns zusteuerte. Erst als es uns schon ganz nahe kommt, hört man Rufe „was macht der da – der fährt ja direkt auf uns zu“ und dann hören wir Rufe „weg von der Reling, festhalten, es knallt gleich“.
|
Zum Glück wurde das Steuer auf der Fähre Vitte noch im letzten Augenblick herumgerissen, sodass uns das Schiff nicht mit voller Wucht traf. Doch auch der seitliche Aufprall des Fährschiffes Vitte erschütterte unser kleines Flussschiff erheblich.
Personal und auch Mitreisende stürzten zur Reling, doch die Vitte stoppte nicht ab, sondern setzte ihre Fahrt in vollem Tempo fort. Unser Kapitän drosselte die Fahrt und die Besatzung kontrollierte sofort, wo wir getroffen worden waren und was für ein Schaden durch das Fährschiff entstanden war.
|
Zwei Fenster der Panorama-Louge samt Rahmen waren zerstört und der darunter liegende Rumpf betroffen. Da der Schaden zu unserem großen Glück über Wasser lag, fuhr die MS Saxonia nach genauer Überprüfung langsam Richtung Inselhafen Vitte weiter. Mir war der Schock ganz schön in die Glieder gegangen und man darf sich nicht vorstellen, wie es ausgegangen wäre, wenn wir unterhalb der Wasserkante getroffen worden wären. Warum das Fährschiff Vitte direkt auf uns zusteuerte, haben wir bis zum Ende unserer Flusskreuzfahrt nicht erfahren. Durch das Streichen einiger Städte und die komplette Änderung des Routenplans waren wir leider zur falschen Zeit am falschen Ort. Der einzige Vorteil der geänderten Route war, dass wir die Insel Hiddensee bereits um 16.30 Uhr erreichten und nicht wie im ursprünglichen Reiseplan erst um 18.30 Uhr.
Gemeinsam steuerten Kapitän und Staff-Kapitän von der Console des Sonnendecks die MS Saxonia ganz behutsam in den Hafen von Vitte auf Hiddensee.
Sicherlich waren mit mir auch die anderen Reisenden froh, nun im sicheren Hafen festzumachen.
Wie windig es selbst im Hafenbereich noch war, konnte man an den Wellen und den schaukelnden Motorbooten gegenüber unserem Anleger erkennen.
Da unsere Fahrt bereits über „Marinetraffic“ angezeigt wurde – an welcher Position befindet sich das Schiff und wann kommt ein Schiff an -, standen auch nach unserer Ankunft sofort die 2 Kutschen für die Ausflugsteilnehmer bereit. Da auch wir den Ausflug „Kremserfahrt“ gebucht hatten, startete unsere Kutschfahrt direkt nach dem Anlegen, sodass man gleich auf andere Gedanken kam.
|
Die Kutschentour ging erst einmal durch Vitte und weiter über die Dünenlandschaft nach Kloster. Leider waren aufgrund des starken Winds die Planen gespannt, sodass man nur nach vorne zum Kutscher oder nach hinten heraus die Landschaft betrachten konnte. Doch der Kutscher erzählte uns so einiges über die Geschichte der Insel Hiddensee und ihre zahlreichen Persönlichkeiten.
Zwischen Vitte und Kloster machten wir einen Stopp und werfen einen Blick auf den superlangen beliebtesten Strand an der Außenküste, im Herzen von Hiddensee.
Er wurde 2017 bereits zum 9. Mal mit dem Prädikat „Blaue Flagge“, einem internationalen Umweltsymbol, ausgezeichnet.
Um die Insel vor der nagenden Brandung zu schützen, hat man lange Buhnen in Wasser hinein gebaut. Dadurch wurde feiner Sand angespült, der ideale Strandverhältnisse bietet. Glasklares Wasser, gelblich-weiß schimmernder Sand und eine weite Dünenlandschaft lagen vor unseren Augen.
|
Bevor wir unsere Fahrt nach Kloster fortsetzten, bekamen wir von unserem Kutscher einen Sanddornlikör als kleine Stärkung. Dabei erfuhren wir auch, dass ein großer Teil der Sanddornsträucher auf der Insel krank oder bereits abgestorben ist. Welcher Erreger für das Sanddorn-Sterben verantwortlich ist, konnte bisher nicht herausgefunden werden. Auch ungünstige Klimabedingungen, wie Hitze und Trockenheit, werden in Betracht gezogen.
|
Die kleine Insel Hiddensee westlich von Rügen ist nahezu autofrei. Hier dominieren Natur, Strände, einige Vogelschutzgebiete und kleine maritime Ortschaften. Durch unsere Kutschfahrt lernen wir die Insel und ihre unverwechselbare Schönheit auf bequeme Art und Weise kennen.
Während eines kurzen Aufenthalts in Kloster, dem kulturellen Zentrum der Insel, besuchen wir Hiddensees Inselkirche.
Die kleine Kirche in Kloster ist das einzige Gotteshaus auf der Insel und wurde 1332 als Wegkapelle vor den Türen des damaligen Klosters erbaut.
Es ist das letzte sichtbare Bauwerk aus der Zeit des Zisterzienserklosters und somit das älteste Gebäude der Insel Hiddensee.
In dem in blau und weiß gehaltenen Kirchenraum fällt der Blick zuerst auf den barocken Kanzelaltar und schweift dann zum Taufständer und dem Taufengel. Ferner ist die Kirche mit einer kleinen Orgel ausgestattet. Sehenswert sind auch zwei von der Decke hängende Schiffsmodelle, die darauf verweisen, dass hier früher hauptsächlich Fischerfamilien die Gottesdienste besuchten und um Trost und Beistand beteten. Heute finden in den Sommermonaten in der hellen und freundlichen Atmosphäre auch Konzerte und Lesungen mit Künstlern aus ganz Deutschland statt.
Auf dem Inselfriedhof sind neben den Hiddenseern auch einige bekannte Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kunst und Kultur begraben. Auf dem historischen Gräberfeld links am Wege zur Kirche stehen die ältesten Grabsteine.
Am 6. Juni 1946 starb der Dramatiker, Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Gerhart Hauptmann in Agnetendorf in Schlesien. Begraben aber ist er in seiner Wahlheimat auf dem kleinen Friedhof im Ort Kloster. Das Grab mit einem riesigen Findling befindet sich hinter der Inselkirche.
Nach einer ausgiebigen Besichtigung geht es mit dem Planwagen wieder zurück zum Schiff, wo uns der Küchenchef Zoltan um 18.30 Uhr ein „Ungarisches Chef Dinner“ serviert. Es ist bereits 21.00 Uhr, als wir den Speiseraum verlassen und uns für einen Sundowner aufs Außendeck setzen. Ein immer noch sehr kräftiger Wind weht uns um die Nase. Die Insel Hiddensee liegt wie ein Wellenbrecher vor Rügen und bekommt die von Westen heranbrechenden Naturkräfte besonders zu spüren.
|
Von unseren Plätzen beobachten wir, wie sich die Sonne in einem orangeroten Ball verwandelt, der durch die Takelage der Segelboote leuchtet und bald hinter den Häusern am Deich versinken wird. Sie hat für heute ihre Pflicht getan.
|