Sonntag, 28. Juli 2019 - 2. Tag auf Hiddensee – zurück nach Stralsund
Da wir heute Morgen noch immer in Vitte auf Hiddensee festliegen und erst einmal auf einen Gutachter warten müssen, der vom Festland kommt, genießen wir noch einmal diese autofreie Insel. Die kleine Ostseeinsel, „das süße Ländchen“ wie es seine knapp 1300 Einwohner nennen, ist 17 Kilometer lang und an der schmalsten Stelle nur 250 Meter breit. Die Einwohner verteilen sich auf 4 kleine schmucke Dörfchen mit malerischen Reetdachhäuschen.
Nach einem ausgiebigen Frühstück verlassen wir um 10.00 Uhr die MS Saxonia und bummeln erst einmal durch den kleinen Hafen. Vitte ist der größte Ort und das Zentrum auf Hiddensee mit Sitz der Inselverwaltung. Neben dem Rathaus gibt es einen Kindergarten, eine Schule, eine Arztpraxis sowie eine Filiale der Sparkasse. Ferner laden in der Hauptstraße und in Strandnähe viele kleine Läden und Gaststätten ein.
Ganz in der Nähe es Rathauses steht die alte Windmühle. Diese Mühle war bis 1927 in Betrieb und wurde ab1948 zum Sommersitz der berühmten Ausdrucktänzerin Gret Palucca, die hier viele Sommer verbrachte. Auch heute noch befindet sich in der unter Denkmalschutz stehenden Mühle eine Ferienwohnung.
Etwas außerhalb des Ortes steht auf einer schmalen Landzunge das 1922/23 gebaute Sommerhaus der dänischen Stummfilmdiva Asta Nielsen. Dass auch als „Karussell“ bekannte Haus hat einen quadratischen Grundriss, bei dem zusätzlich noch zwei Ecken abgerundet sind. Nach einer wechselhaften Geschichte und Nutzung ist das Haus heute im Besitz der Gemeinde und wurde 2014/15 denkmalgerecht saniert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Erdgeschoss ist eine Ausstellung eingerichtet, die Max Taut und Asta Nielsen, als die zwei namhaften Personen würdigt, die eng mit dem Haus verbunden sind. Darüber hinaus dient es für kulturelle Veranstaltungen und als Ort für Trauungen.
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Von hier geht es auf den Küstenweg von Vitte nach Kloster. Hier lassen wir uns heute Morgen erst einmal den Wind um die Nase wehen und er sorgt dafür, dass wir so richtig durchatmen können. Denn die Sonne scheint heute Morgen schon wieder großzügig auf die Insel herab. In der Ferne kreischen die Möwen und ziehen ihre Runden über dem Vitter Bodden.
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Heute Morgen ist der Weg das Ziel und unser Blick geht über die unberührte Natur, denn nur zu Fuß erlebt man die Flora und Fauna in ihrer ganzen Schönheit. Wir sind heute Morgen allein mit uns, der Natur und dem zauberhaften Inselflair. Während unseres Spaziergangs eröffnen sich traumhafte Blicke über die Insel. Das Landschaftsbild wird überwiegend geprägt von Sträuchern, Wacholderbüschen und div. Arten von Heide. Viel zu schnell haben wir den Hafen von Kloster erreicht.
Das Dorf Kloster ist mit seinen 350 Einwohnern der nördlichste Ort der Insel Hiddensee. Die Anlegestelle für Boote befindet sich an der geschützten Innenseite am Vitter Bodden. Der frühere Fischerhafen verfügt heute über insgesamt 110 Gastliegeplätze.
Da man Hiddensee nur mit einer Fähre erreichen kann, läuft das Fährschiff neben den zwei anderen Orten Neuendorf und Vitte auch den Hafen von Kloster regelmäßig an.
Um das geschäftige Treiben besser zu beobachten, setzen wir uns an die Hafenpromenade. Hier bekommen wir schon den Duft vom Räucherkutter in die Nase. Doch da wir auf der MS Saxonia Vollverpflegung haben, holen wir uns nur etwas Appetit für heute Mittag.
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Nach einer kleinen Pause gehen wir vom Hafen Richtung Dorfzentrum und erblicken unmittelbar das Hotel Hitthim mit wunderbarer Aussicht auf den Bodden. An dieser Stelle stand einst das Zisterzienserkloster, das viele Besucher vergeblich suchen. Denn außer ein paar Grundmauern, die 1959 freigelegt wurden, ist von der Anlage nichts übriggeblieben.
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Unser Weg zur Dorfmitte führt uns vorbei an einem kleinen Haus, in dem Gerhard Hauptmann bei seinem ersten Besuch auf Hiddensee 1885 wohnte.
Wir bummeln entlang der kleinen Dorfstraße und stehen vor der Bernsteinwerkstatt. Hier wird noch selbstgefertigter Schmuck aus Bernstein verkauft. Ketten, Armbänder und Ohrringe, kombiniert mit Holz oder Silber sind im Angebot.
Leider hatte der kleine Laden gestern Nachmittag und auch heute Morgen geschlossen. Auch der kleine Inselshop „Bilder, Bücher, Buntes“ der Bücher von und zur Insel Hiddensee und viele andere interessante Dinge anbietet, war heute Morgen noch geschlossen, doch ein Kater bewachte mit Argusaugen den Eingang.
Vorbei an wunderschönen kleinen Häusern, teils mit Außengastronomie oder kleinen Boutiquen, kommen wir in die Ortsmitte.
Man kann sich auf der Insel zwar nicht verlaufen, trotz allem steht auf dem Dorfplatz ein Wegweiser in Form einer Boje und diese zeigt uns den Weg zum Gerhard-Hauptmann-Haus. Vorbei an der Kirche, die wir gestern bereits besichtigt haben, gehen wir wieder in Richtung Vitte und kommen kurz vor dem Ortsausgang von Kloster zum Gerhard-Hauptmann-Haus.
Es ist die bekannteste und meist besuchte Attraktion des Ortes. Das Haus Seedorn steht an einem kleinen Hang, mitten in einem großen Garten.
Der große Dramatiker besuchte ab 1885 dieses paradiesische Eiland, das ihn so begeisterte, dass er regelmäßig zurückkehrte. 1926 wohnte er erstmals im Haus Seedorn, das er 1930 kaufte und häufig die Sommermonate dort verbrachte.
Die ganze Inneneinrichtung ist noch im Originalzustand und vermittelt einen Eindruck, wie er hier lebte. Das Sommerhaus aus den 1920er Jahren ist daher ein Kleinod unter den Dichterhäusern Deutschland. Ferner befindet sich hier auch der Sitz der Gerhart-Hauptmann-Stiftung. Sie ist ausgestattet mit Bildern und Skulpturen befreundeter Maler. Uns blieb leider nur ein Blick durch den Zaun, denn geöffnet wurde das Künstlerhaus erst um 11 Uhr.
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Auf dem Weg zurück nach Vitte steht an einem Strandzugang ein kleines Haus, das einst dem Seenotrettungsdienst als Stützpunkt diente. Heute ist in diesem Haus das Heimatmuseum untergebracht. Es dokumentiert die Entstehung der Insel, die Geschichte des Zisterzienserklosters und die Entwicklung der Fischerinsel zum Seebad. Einwohner der Insel haben diese interessanten Zeugnisse aus der Geschichte zusammen getragen. Wir setzen unseren Rückweg auf der einzigen Verbindungsstraße der Insel fort. Hier machen uns kein Autolärm und deren Abgase zu schaffen, denn hier fährt kein Auto. Außer für eine Kutsche, die Mitreisende von der Kirche in Kloster zurück zum Schiff bringt, brauchen wir dieses Sträßlein nicht zu verlassen. Hiddensee ist ein autofreies Stückchen Erde, ruhig, ursprünglich und von Wasser umgeben.
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Direkt am Weg in Richtung Vitte liegt das Nationalparkhaus. Hier kann man die Ausstellung "Veränderung" besuchen. Sie informiert über die Kräfte der Natur, denn durch den Wind erfolgt die ständige Veränderung der Insel durch Landabtragung und Neulandbildung. Ferner informiert die Ausstellung über die Entstehung der Insel Hiddensee und die einheimischen Tiere und Pflanzen. Neben dem Nationalparkhaus lädt ein Erlebnispfad unter dem Motto „De Lütt Küst" ein.
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Pünktlich zum Mittagessen sind wir wieder zurück im Hafen von Vitte. Am Schiff treffen wir auf einen Gutachter, der sich den Schaden, verursacht durch das Fährschiff Vitte, ansieht.
Beim Mittagessen erfahren wir, dass das Schiff um 14.00 Uhr den Hafen von Vitte verlassen wird und zurück nach Stralsund fahren darf. Dort soll am kommenden Tag eine Reparatur des Schadens erfolgen.
Während der Rückfahrt nach Stralsund halten wir uns wieder auf dem Außendeck auf und so holen wir uns auch Kaffee und Kuchen nach oben. Während der zweistündigen Rückfahrt begegnet uns keine Fähre, nur zahlreiche Segelboote begleiten uns im Fahrwasser in Richtung Stralsund.
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Schon vom Weiten erkennen wir die Silhouette der Altstadt, in der wir durch Planänderungen bereits 2 Tage verbracht haben und nun wieder ansteuern. Die MS Saxonia legt heute an der Fährbrücke, direkt im Altstadtkern, gegenüber dem eindrucksvollen Segelschiff Gorch Fock I, an. Es ist das Schwesternschiff der erst 25 Jahre später gebauten Gorch Fock, die als Segelschulschiff der Deutschen Marine im Dienst war und nun seit einigen Jahren in einer Bremer Werft liegt. Getauft wurde es auf das Pseudonym des 1899 geborenen niederdeutschen Schriftstellers Johann Kinau, aus Finkenwerder bei Hamburg, der sein Leben 1916 in der Skagerrakschlacht verlor. Wenn man das Schiff hier im Hafen von Stralsund liegen sieht, könnte man meinen, die Gorch Fock I legt jeden Moment ab.
Was bietet sich da am besten an, als die freie Zeit bis zum Abendessen mit einer Besichtigung des Schiffes zu nutzen. Seit 2003 liegt das nicht seetüchtige Segelschiff hier im Hafen und glänzt wieder in alter Pracht. Das Segelschulschiff wurde 1933 gebaut und diente zur Ausbildung des Offiziersnachwuchses. Am 30. April 1945 wurde der Segler vor der Halbinsel Drigge versenkt und 1947 wieder gehoben und instandgesetzt. Bis es zurück nach Stralsund kam, segelte das Schiff 54 Jahre unter UdSSR- und ukrainischer Flagge. Die Besichtigung des schwimmenden Museums, in Form eines 82 m langen Dreimasters, ist ohne Führung möglich und schon allein wegen dessen Geschichte sehenswert. Über eine steile Gangway kommen wir auf Deck und können nun dieses Schiffsdeck und die erste Etage unter Deck besichtigen. Um dorthin zu gelangen, muss man sehr steile Treppen und Schwellen übersteigen. Doch es lohnt sich, hinab in das Bordmuseum zu klettern.
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Wir gehen durch den riesigen Schlafsaal, wo noch die Original-Hängematten von 1936 von der Decke schaukeln - gespendet von der Familie Siewert aus Husam -.
Sehen in das Hospital des Schiffes, wo eine Instrumentensammlung die damalige medizinische Versorgung - die auf einem Schiff breit gefächert ist - dargestellt. Werfen einen Blick auf die Bildergalerie der damaligen Kommandanten der Gorch Fock I.
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Im Rumpf des Schiffes sind ferner auch zwei Modelle von bekannten Segelschiffen ausgestellt. Zum einen das als Padua 1926 getaufte Segelschiff, das noch heute unter dem Namen Kruzenshtem als russisches Segelschulschiff im Einsatz auf See ist sowie das Segelschulschiff Mir. Eigner des 1987 auf der Danziger Werft gebauten Schiffes ist die Hochschule für Marineingenieure in Sankt Petersburg. Von Anfang an nahm die Mir an Windjammer Regatten teil und fuhr viele Siege ein.
Zurück auf dem Oberdeck atmen wir erst einmal wieder richtig durch, denn unter Deck war es doch sehr stickig.
Nun werden noch einige schöne Erinnerungsfotos auf dem Dreimaster gemacht, sowohl am Bug des Schiffes als auch am Steuerrad.
Zum Abschluss unseres Besuches schauen wir noch in den Kapitänssalon. Die Kabine ist liebevoll restauriert und wieder auf das historische Vorbild von 1932 zurück gebaut worden. 6 Bullaugen lassen die Holzvertäfelung und die stielvolle Möblierung der Kabine im Sonnenlicht erstrahlen.
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Dieser Raum dient auch als Kulisse für den schönsten Tag im Leben, denn er ist auch Trauraum des Stralsunder Standesamtes.
Pünktlich zum Abendessen sind wir zurück auf der ramponierten MS Saxonia, auf deren Außendeck wir nach dem Essen und einen weiteren Spaziergang durch Stralsund diesen Abend mit Mitreisenden ausklingen lassen.
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