23.06.2024 Antwerpen/Belgien Liegezeit: 08.30 bis 22.00 Uhr - Temperatur: 23 Grad, sonnig
Wieder hat MS Antonia über Nacht 289 Flusskilometer zurückgelegt und 3 Schleusen passiert. Doch wir haben davon nichts mitbekommen. Also gut ausgeschlafen frühstücken wir erst einmal und genehmigen uns zum Abschluss noch ein Gläschen Sekt, ganz nach dem heutigen Spruch auf unserem Tagesprogramm: „Gib jedem Tag die Chance der schönste Deines Lebens zu sein“.
Bei angenehmen Temperaturen gehen wir vom Anleger an der Schelde gemütlich zu Fuß in Richtung Altstadt und haben nach kurzer Zeit schon den markantesten Punkt am Rande der Antwerpener Innenstadt, die Burg Steen am Scheldeufer, erreicht.
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Het Steen wurde nach den Wikingereinfällen im frühen Mittelalter als erste Steinfestung Antwerpens erbaut und ist das älteste Gebäude der Stadt. Zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert schützten eine Stadtmauer sowie eine große Burganlage Antwerpen. Het Stehen war eines von drei in die Mauer eingelassenen Torgebäuden. Das heute erhaltene Gebäude ist also nur einer der Torflügel der ursprünglichen Burg, die im 19. Jahrhundert zum größten Teil abgerissen wurde, als die Schelde-Kais begradigt wurden.
Hier biegen wir erst einmal ab in Richtung Altstadt. Wir gehen nun durch den ältesten Teil von Antwerpen, deren mittelalterliche Straße in ihrem ursprünglichen Zustand restauriert wurde.
Schon vom Weiten sehen wir das monumentale ehemalige Zunfthaus der Fleischbauern, ein Gebäude aus dem sechzehnten Jahrhundert, in dem das Museum Vleeshuis untergebracht ist. Es ist ein interaktives Musikmuseum mit einer international bekannten Sammlung von Antwerpener Cembali. Ferner gibt es Einblick in die 800-jährige Geschichte von Musik und Tanz der Stadt und den Niederlanden. Unter dem Titel „Sound oft he City“ zeigt das Museum die Entwicklung des Antwerpener Musiklebens mit Instrumenten, Manuskripten, Bücher und Gemälden.
In der Altstadt liegt alles nah beieinander und so stehen wir nach wenigen Schritten auf dem Grote Markt. Dieser große Platz hat gleich drei Highlights zu bieten. Eine Reihe von prunkvollen Zunfthäusern aus dem 16. und 17. Jahrhundert, der Brabobrunnen und das Antwerpener Rathaus.
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Das Rathaus wurde im 16. Jahrhundert erbaut und zählt mit seiner 67 Meter breiten Fassade zu den schönsten Sehenswürdigkeiten in Antwerpen. Seine prachtvolle Vorderfront mit dem Glockenturm war bei unserem Besuch mit den 28 Fahnen aller Mitgliedsstaaten der Europäischen Union geschmückt. Im Inneren soll es herrliche Säle und viele Kunstwerke geben. Das Rathaus wird seit dem Jahr 1565 genutzt und gehört seit 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Der Brabobrunnen ist ein Springbrunnen auf dem hübschen Grote Markt, der eine Szene aus der Legende zur Stadtgründung Antwerpens zeigt. Der Legende nach kämpfte der junge Held Silvius Brabo gegen den Riesen Druon Antigon, der den vorbeifahrenden Schiffen auf der Schelde einen Wegzoll abverlangte. Weigerten sich die Schiffer, so hackte er ihnen die rechte Hand ab. Der Brunnen zeigt, wie der junge Brabo die Hand des besiegten Riesen in die Schelde wirft. Angeblich soll der Stadtname aus dieser Szene des „Hand werfens“ entstanden sein. Dieser imposante Springbrunnen wurde 1887 von dem Künstler Jef Lembeaux erschaffen.
Am Rande des Grote Markt steht das Denkmal des Hafenarbeiters. Sie haben durch ihren Widerstand 1944-45 einen wichtigen Beitrag geleistet. Die Skulptur wurde 1952 von dem Bildhauer Albert Poels geschaffen und erinnert an die bewegte Geschichte des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung der Stadt. Auf dem Sockel stehen in Niederländisch die Worte: Arbeid - vrijheid „Arbeit und Freiheit“.
Etwas weiter und wir gehen am Brunnen von Quinten Matsijs vorbei. Auch hier schmückt die Skulptur des jungen Helden Silvius Brabo den Brunnen.
Es war eine der letzten Skulpturen von Matsijs. Kurz danach verliebte er sich in die Tochter eines Malers.
Weil er einfach alles für sie tun wollte, wurde er auch Maler und das mit viel Erfolg.
Direkt am Eingang der Liebfrauenkirche auf dem Handschoenmarkt gibt es eine weitere Sehenswürdigkeit von Antwerpen: die rührende Statue von Nello und Patrasche von Batist Vermeulen. Die beiden sind Figuren in der Geschichte „A dog of Flandern“ von 1872. In der Geschichte schließen der Waisenjunge Nello und der Hund Patrasche Freundschaft. Gemeinsam streifen sie durch Antwerpen und versuchen zu überleben.
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Nellos größter Wunsch ist es, die Kunstwerke von Rubens in der Kathedrale zu bestaunen, doch er kann das Eintrittsgeld nicht bezahlen. Am Weihnachtsabend kehren Nello und Patrasche zur Kathedrale zurück und finden die Türen geöffnet vor. Also schlüpfen sie hinein. Die Statue zeigt das tragische Ende zwischen Kind und Hund, denn sie sind gemeinsam in der Kathedrale erfroren. In dieser rührenden und atypischen Weihnachtsgeschichte steckt eine Botschaft von Stolz und bedingungsloser Freundschaft. Vor allem in Japan ist die Geschichte gut bekannt. Nun wollen auch wir der Liebfrauenkathedrale oder niederländisch „Onze-Lieve-Vrouwekathedral“ einen Besuch abstatten.
Die Domkirche des Bistums Antwerpen gehört für jeden Besucher Antwerpens zum Programm. Die Kathedrale wurde 1521 nach einer 170-jährigen Bauzeit fertiggestellt und ist der Stolz der Stadt. Allein 123 Meter hoch ist ihr imposanter Turm, in dem regelmäßig das prächtige Glockenspiel erklingt. Das Bauwerk ist 117 m lang, innen 40 Meter hoch und wird von 125 Pfeilern getragen.
Die Antwerpener Liebfrauenkathedrale ist neben den üblichen Kirchenelementen auch eine riesige Schatzkammer mit Kunstwerken flämischer Meister. Bemerkenswert sind auch die 4 Gemälde des weltberühmten Malers Peter Paul Rubens. Die Liebfrauenkathedrale ist heute Gotteshaus und Museum in einem. Aufgrund eines Gottesdienstes konnten wir uns leider nur im hinteren, abgesperrten Teil des Gotteshauses aufhalten.
Das Pieter Appelsmans Monument befindet sich relativ unscheinbar an einer Ecke der Außenseite der Liebfrauenkathedrale. Es ist dem Architekten und Baumeister der Kathedrale gewidmet. Peter Appelmanns (1373-1434) war zusammen mit seinem Vater Jan Appe einer der Architekten der Onze-Lieve-Vrouwekathedral. Die Statuen zeigen im Detail vier Arbeiter beim Bau der Kathedrale.
Auf dem Groenplaats steht die Peter-Paul-Rubens-Statue. Es ist eine überlebensgroße, von dem Bildhauer Guillaume Geefs geschaffene Bronzefigur. Die Statue steht auf einem hohen Steinsockel und zeigt Rubens in eleganter, zeitgenössischer Kleidung, mit zurückgeschlagenem Mantel, einem Degen, einer Halskette mit Medaillon und einem eleganten Hut. Rubens wurde zwar nicht in Antwerpen geboren, hat aber ab seinem 10. Lebensjahr hier gewohnt und gearbeitet. Die Statue ist heute leider umstellt von unzähligen Bierzelten, denn vom 21.-23. Juni d.J. findet hier auf dem Groenplaats das Bier-Leidenschaftswochenende statt. Angeboten werden mehr als 220 Spezialbiere, darunter 91 vom Fass. In jedem Jahr werden auch einige neue Biersorten vorgestellt. Wir waren leider zu früh auf dem Platz und kamen nicht in den Genuss eines Bieres.
Die wohl niedlichste und fotogenste Straße von Antwerpen ist für uns der kleine aber feine Vlaaikensgang. Es ist die älteste Gasse Antwerpens und geht auf das Jahr 1591 zurück. Der Ein- und Ausgang liegt etwas versteckt. Die kleine, auf den ersten Blick unscheinbare Gasse führt uns in ferne, längst vergangene Zeiten. Ein schmaler Kopfsteinpflasterweg leitet uns an elf authentische Hinterhäuser vorbei, die hauptsächlich aus Ziegel und Sandstein bestehen. Die hübsche kleine Gasse mit tollen Einblicken führt uns ferner durch drei Innenhöfe.
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In den 1960er Jahren war geplant, den Vlaaikensgang abzureißen, um ein Parkhaus zu errichten, aber 1969 wurde die Gasse vom Antiquitätenhändler Axel Vervoordt gekauft, der sich auch um die Restaurierung kümmerte. Heute gibt es in den verwinkelten Ecken Bänke zum Verweilen, kleine Boutiquen, Cafés und Restaurants mit schönen kleinen Terrassen zwischen den romantisch bewachsenen Häusern. Es ist eine zauberhafte mittelalterliche Gasse und beim Betrachten fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt. Es war eine Oase der Ruhe, zumal wir heute Morgen noch die einzigen Touristen in dieser Gasse waren. Wieder draußen, steht man sofort in einer lebendigen Stadt. Die Stadt ist perfekt zum Bummeln und bietet für jeden etwas. Da wir uns aber etwas länger in der Vlaaikensgang aufgehalten haben, gehen wir nun zurück in Richtung Stadtburg an der Schelde.
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Die Het Steen haben wir uns heute Morgen bereits im Bereich des Kreuzfahrtterminals angesehen, stehen wir nun an der Auffahrt. Das heutige Erscheinungsbild ist das Ergebnis vieler Umbauten. Die jüngste Restaurierung und Umgestaltung endete im Jahr 2021. Im Laufe der Jahrhunderte hatte Het Steen die unterschiedlichsten Funktionen, vom Gefängnis, Sägewerk, Fischlager, Wohnheim für versehrte Soldaten bis hin zum Museum. Heute befindet sich in der Burg die Tourist Information, ein Kreuzfahrtterminal, außerdem ist „The Antwerp Story“ in der Stadtburg untergebracht, in der man die Stadtgeschichte von Antwerpen kennenlernen kann.
Vor dem Het Steen steht die Bronzestatue eines hoch aufragenden Riesen, der die Stadtbewohnter terrorisierte. Sein Name ist „Lange Wapper“. Er ist eine flämische Folklorefigur. Laut einer Sage konnte er auf die Größe eines Riesen wachsen und spielte der Bevölkerung allerlei Streiche. Dieses Volksmärchen wird vor allem in der Stadt Antwerpen und ihren Nachbarstädten erzählt. Die Skulptur vor der Stadtburg zeigt den Langen Wapper über den Dorfbewohnern stehend.
Nach diesem Stadtbummel gibt es auf der MS Antonia ein leckeres Mittagessen und später Kaffee und Kuchen in der Panorama-Lounge, bevor wir wieder auf weiterer Entdeckungstour gingen. Von unserem Flusskreuzfahrtschiff sehen wir auf ein Gebäude, das wie ein kleines Schloss aussieht. Neugierig geworden, sehen wir es uns am Nachmittag aus der Nähe an.
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Es liegt am Taverierkaai und war in Wirklichkeit ein Verwaltungs- und Dienstgebäude. Hier war bis im Jahr 2016 der Lotsendienst, die Schifffahrtsinspektion sowie die Flotten- und Schifffahrtsverwaltung für die Schelde angesiedelt. Das Gebäude wurde zwischen 1892 und 1895 mit einer neogotischen Fassade nach einem Entwurf von Henrik Kennes und Ferdinand Truyman erbaut und ist seit einigen Jahren unter Denkmalschutz gestellt. Auch hier steht auf einem Giebel ein Standbild der Legendenfigur Brabo. Ein Denkmal vor dem ehemaligen Lotsenhaus erinnert an die gefallenen Matrosen 1914-1918 und 1940-1945. Unübersehbar reckt sich der rote, 60 Meter hohe Turm des MAS (Museum aan de Stroom) auf einer Landzunge im alten Hafenbecken gen Himmel. Die Fassade des Museums aus rötlichem indischem Sandstein ist mit 3000 Händen aus poliertem Aluminium verziert, eine Anspielung auf die Herkunft des Stadtnamens von Antwerpen. Unterbrochen von großen Glasfronten wirkt die Architektur fast schwebend und ist ein echter Hingucker. Durch die jeweils um eine Vierteldrehung versetzte Aufeinanderstapelung der Museumssäle ist ein imposanter Spiralturm entstanden. Der Turm des neuen Museums aan de Stroom, welches 2011 eröffnet wurde, steht für die Neubelebung des alten Hafenbereiches.
Das ehemalige Industrieviertel wird sorgfältig mit der Altstadt vernetzt. „Slow Urbanism“ nennt das die Stadtverwaltung heute. Logisch, dass wir uns das Museum nicht nur von außen, sondern auch von innen ansehen mussten. Ich muss vorab sagen, dass wir keine großen Fans von Museen sind, doch die frei zugängige Panoramaterrasse reizte uns schon.
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Laut unseren Unterlagen führt eine beeindruckende Rolltreppe über 9 Etagen an allen Museumssälen entlang nach oben zum Dach des Museums. Doch bereits ab der 2. Etage war die Rolltreppe nach oben ausgestellt und man musste die Stufen eigenmächtig erklettern. Auf der nächsten Etage war es wieder umgekehrt, so war bis zur 9 Etage fast immer nur eine Rolltreppe in Betrieb. Mehrmals waren wir nahe daran umzukehren, doch da der Blick durch die Glasfronten auf jeder Etage super war, fuhren oder kletterten wir immer höher.
Im 8. Stock entdeckten wir das salutierende Admiralspaar „Groetend Admiraal Koppel“, des Künstlers Guillaume Bijl. Er schuf es anlässlich des 5jährigen Bestehens des MAS. Auf den letzten Metern ging es dann nur noch über Treppen hoch zur Aussichtsterrasse. Hier wurden wir nach all den Anstrengungen mit einem traumhaften Rundblick über die ganze Stadt und den Hafen belohnt. Wir ließen den Blick über die Stadt schweifen.
Der Turm der Liebfrauenkathedrale und der Boerentoren (eines der höchsten Hochhäuser der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa) ragen aus dem Häusermeer heraus.
Von der gegenüberliegenden Seite schauten wir auf das ehemalige Lotsenhaus hinunter, das zwischen Bonaparte-Dock und Schelde steht. Auch aus der Vogelperspektive wirkte das Haus wie ein Schloss. Im Willemdok gleich daneben liegen Luxusjachten am Kai.
Nach dem Bau des MAS wurden um das Gebäude Lagerhallen und Speicherhäuser zu schicken Cafés und Restaurants umfunktioniert. Dass die Umgestaltung des alten Hafens gut angenommen wurde, zeigen die bereits am Nachmittag gut gefüllten Restaurants.
Für uns geht es wieder zurück zum Schiff, denn vor dem Abendessen erhalten wir von unserem Kreuzfahrtleiter Peter Schultze noch Landganginformationen über Gent, unserem nächsten Landgang. Danach geht es ins Restaurant Vier Jahreszeiten wo uns fürs Auge und für den Magen wieder ein leckeres Abendessen serviert wurde.
Ab 20.30 Uhr war Fußball angesagt, dafür ging es in die Panorama-Lounge. Passend zum Fußball EM Gruppenspiel Schweiz gegen Deutschland wurde der Raum für heute Abend zur „Antonia-Arena“ umdekoriert.
Beste Stimmung herrschte beim Fußball-Rudelgucken, zumal unser Schiff auch einige Schweizer Gäste an Bord hatte. Das Team der deutschen Fußball-Nationalmannschaft spielte in der Nachspielzeit noch 1:1 gegen die Schweiz, somit waren beide Gruppen zufrieden. Deutschland beendete die Vorrunde damit als Erster und die Schweiz wurde Zweiter.
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