Ein Tag in Putbus
Die meisten Rügen-Urlauber zieht es an die Küste, aber auch im Landesinneren gibt es interessante Ausflugsziele. Putbus, die Weiße Stadt oder auch Rosenstadt genannt, hat lt. Inselzeitung viel zu bieten. Fürst Wilhelm Malte zu Putbus prägte ab 1810 die Region und gab der Stadt ihr heutiges Gesicht, das uns neugierig gemacht hat.
Für unseren Stadtbummel fahren wir mit unserem PKW über Sellin, wo die Bahnschienen der Bäderbahn an der Seestraße entlangführen und der „Rasende Roland“ uns eine kurze Strecke begleitet. Der Abschnitt Putbus – Göhren stellt den letzten verbleibenden Teil des einst rund 100 km langen Streckennetzes der Rügenschen Kleinbahnen dar.
Auf der L 29 in Richtung Putbus wird der Asphalt dann von einer schmalen Straße mit Kopfsteinpflaster abgelöst, die sich idyllisch entlang schlängelt, gesäumt von stattlichen Bäumen, die ein grünes Dach bilden. In Putbus, am Wreechener Weg stellen wir unseren PKW auf einen Wanderparkplatz ab.
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Die ehemalige Fürstenstadt Putbus fasziniert mit dem gepflegten Schlossgarten, den wir heute Morgen zuerst ansteuern. Das einstige Schloss wurde in den 1960er-Jahren abgerissen, doch ein Besuch im Schlosspark lohnt sich. Bereits 1725 wurde der Park angelegt und 1804 unter Fürst Wilhelm Malte zu Putbus zu einem englischen Landschaftspark mit Teichen, Anhöhen, Fernsichten und besonderen Gehölzen umgestaltet. Heute bietet der Park 60 Baumarten aus aller Welt, darunter botanische Seltenheiten. Der Schlosspark ist einer der bedeutendsten Landschaftsparks in Norddeutschland. Eine kleine Grabstätte erinnert an den langjährigen Garteninspektor Carl Günther – Heger und Pfleger dieses Parks von 1891 – 1936 -.
Unser Spaziergang führt uns zu den Ruinen des ehemaligen Fasanenhauses. Errichtet wurde das Fasanenhaus 1835, vermutlich auf Veranlassung der Fürstin Luise zu Putbus zur Unterbringung von Gold- und Silberfasanen. Heute ist ein Spielplatz inmitten der achteckigen Mauerreste.
Während unseres Rundgangs in dem schön angelegten Park genießen wir die Ruhe in der Natur. In der Mitte des Parks liegt der Schwanenteich, der seinen Namen mit all seinen Tieren alle Ehre machte. Um dieses Gewässer führt ein beliebter Rundwanderweg. Von der einst dem Schloss vorgelagerten Terrasse mit seiner Pergola, dem Säulen- oder Pfeilergang hat man einen schönen Blick über den Schwanenteich, sowie der künstlich angelegten Insel, die man per Brücke erreichen kann.
Der Marstall oder Reitstall diente der Unterbringung von Pferden, Geschirren und Kutschen der Fürstenfamilie zu Putbus und ihrer Gäste sowie der Unterkunft des Pferdepflegepersonals. Das Gebäude aus 16 Rundbogenfenstern und drei Rundbogenportalen sowie die Unterkunft des Pferdepflegepersonals an der zweigeschossigen Ostseite wurde 1821-1824 anstelle eines alten Stalls errichtet.
Bis zur Einweihung des Putbusser Theaters beherbergte der Marstall das Sommertheater. Auch heute dient der Marstall wieder als öffentliche Spielstätte. Hier befindet sich der vermutlich größte Veranstaltungssaal der Insel Rügen, in dem bis zu 650 Personen Platz finden. Der Marstall Putbus ist Veranstaltungsort der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern und des Festspielfrühlings Rügen.
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Im südlichen Bereich des Putbuser Schlossparks steht ein Kriegerdenkmal, welches an die Gefallenen des 1. Weltkriegs erinnert. Es ist ein besonders interessantes Beispiel eines Denkmals, das zwischen 1925 und 1930 errichtet wurde. Das Zentrum bildet ein von Arkaden gefasster Hof, an dessen westlichem Rand ein rechteckiger Steinblock mit der Inschrift “Unsern Helden”, einem übergroßen Stahlhelm und einem Schwert, auf den Zweck der Anlage hindeutet.
Etwas abseits liegt die Schlosskirche. Die aus dem Kursalon im Schlosspark umgebaute Kirche wurde Ende des 19. Jahrhunderts als Putbusser Ortskirche genutzt. Sie ist daher wohl die einzige Kirche, in der früher rauschende Bälle stattfanden.
Ein Brand im Schloss am Tag vor Heiligabend 1865 vernichtete die Kapelle, die auch für die Putbusser Bürger zugänglich war. Fürst Wilhelm zu Putbus wollte ursprünglich das Schauspielhaus zur Kirche umbauen lassen. Die Gemeinde bat in davon Abstand zu nehmen, weil der Besuch des Theaters im Sommer sehr viele Fremde in den Ort führte. So baute die Kirchengemeinde in der Zeit von 1890/92 den Kursaal zur Kirche um.
Die oberen Galerien des Kursalons wurden entfernt, die offenen Arkaden zum Tanzsaal in Fenster umgewandelt und die Eingangshalle mit zwei Turmgeschossen versehen. Der Turm wurde im Stil eines italienischen Campanile errichtet. Gemeindemitglieder spendeten drei in Bochum gegossene Stahlglocken. Im Inneren der Kirche errichtete man über dem Altar auf geschliffenen Granitsäulen einen Aufbau, das Tympanon. Das Altarbild, welches Jesus bei der Kreuzabnahme zeigt, konnte beim Schlossbrand von 1865 gerettet werden, ebenso die Altarleuchten aus dem 18. Jahrhundert und die beiden Holzplastiken „Johannes der Täufer“ und „St. Rochus“ aus dem 15. Jahrhundert.
Von hier ist es nicht weit bis ins Zentrum von Putbus, das Fürst Wilhelm Malte zu Putbus 1815 plante und bauen ließ. Ganz im Stile des Klassizismus errichtet, erstrahlen die schönen Bauten heute noch in strahlendem weiß. Der Marktplatz befindet sich im historischen Stadtkern.
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Umgeben ist dieser neben dem Rathaus, dem Theater von Putbus, einem Kriegermonument zum Gedenken der 1864, 1866 und 1870/71 gefallenen Söhne der Gemeinde von zahlreichen sehr sehenswerten Gebäuden. Neben den Gebäuden verfügt der Platz über mehrere Grünflächen, Kopfsteinpflaster und einen Bereich für den Wochenmarkt.
Das Theater, welches mit der Schmalseite am Marktplatz liegt, wurde 1819 bis 1820 erbaut. Es sollte den Gästen des Fürsten zur kulturellen Unterhaltung dienen. Die Hauptfront zeigt zum Schloss. Den Mittelteil des Gebäudes schmückt ein viersäuliger Portikus. 1992 bis 1998 wurde das gesamte Theater aufwändig und originalgetrau restauriert. Der Zuschauerraum besteht aus Parkett und zwei Rängen mit insgesamt 256 Sitzplätzen.
Entlang der Alleestraße entdecken wir die malerische Rosenstadt Putbus. Der Stadtgründer Fürst Wilhelm Malte zu Putbus hat einst angeordnet, dass nicht nur die Häuser seiner fürstlichen Residenzstadt in frischem Weiß erstrahlen sollen, sondern dass gleichzeitig vor jedem Haus auch eine Rose blühen soll. Diesem Ediket fühlen sich die Putbusser bis heute verpflichtet.
Über 700 Stammrosen stehen in Putbus, so viele wie in keiner anderen deutschen Stadt. Sie sind ein besonderer Augenschmaus, denn zur Blütezeit können Besucher rund 100 verschiedene Rosensorten in Putbus bewundern. Wir sind total begeistert von dieser Pracht, die sich vor den weißen Gebäuden wunderschön abhebt und jetzt im August in voller zweiter Blüte steht. Seit Juni 2018 ist die Stadt Putbus offiziell zur ROSENSTADT der Gesellschaft deutscher Rosenfreunde e.V. ernannt.
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Ein paar Schritte weiter und wir stehen vor dem Putbusser „Circus“. Er gilt als der letzte einheitlich ausgeführte Rondellplatz in Deutschland und ist Teil des historischen Stadtkerns. 1828 auf Weisung des Fürsten angelegt, stehen noch heute 16 weiß gestrichene, zwei- und dreistöckige Häuser um den kreisrunden Platz. Die malerischen weißen Häuser wurden von Fürst Wilhelm Malte I., zusammen mit seinem Schloss in dieser Farbe einheitlich gestaltet. Auch vor diesen Häusern stehen die zurzeit in Blüte stehenden wunderschönen Stammrosen, die von der sogenannten „Rosenbrigade“ liebevoll und ehrenamtlich das Jahr hindurch gepflegt werden.
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Durch die Rasen-Innenfläche führen acht sternförmig verlaufende Wege, in deren Schnittpunkt ein Obelisk an die 1810 erfolgte Ortsgründung und Fürst Wilhelm Malte I. erinnert, dem fast alles hier in Putbus zu verdanken ist.
Der Rondellplatz „Circus“ ist in diesen Sommermonaten ein Ausstellungsort für sieben Künstlerinnen und Künstler. Ihre Werke besetzen die leeren Grünflächen zwischen den Wegen und beziehen sich auf je unterschiedliche Weise auf das Thema „Leere/Fülle“.
So hat z.B. die Rügener Künstlerin Lisa Marie Steude eine luftige Konstruktion erstellt, die die architektonische Anlage des Platzes mit Rondell und Obelisken aufgreift.
Paul Schwer aus Düsseldorf zeigt eine stilisierte Form der Röhre, die im Projekt Nordstream 2 für Gaslieferungen durch die Ostsee genutzt werden sollte. Der Künstler reagierte auf das kontrovers diskutierte Energieprojekt, das infolge des russischen Angriffskriegs gestoppt wurde.
Ungefähr 400 m entfernt geht es von der Alleenstraße wieder in den Schlosspark. Am Eingangsbereich befinden sich ein Cafe und die Schauwerkstatt einer Töpferei. Hinter dem Springbrunnen liegt die Orangerie vor uns. Es gehört zu den wenigen noch erhaltenen Gebäuden des ehemaligen Schlosses zu Putbus. Der prächtige weiße Bau, der malerisch auf einem Hügel liegt, bildet einen schönen Kontrast zu den grünen Pflanzen. Wo einst exotische Kübelpflanzen aus dem Schlosspark überwinterten, wird schon seit vielen Jahren Kunst gezeigt. In dem historischen Gebäude mit zwei Flügeln, Rotunde und zahlreichen Kabinetträumen organisiert die KulturStiftung Rügen ganzjährig wechselnde Ausstellungen.
Auf der Parkseite der Orangerie, die hier durch verglaste hohe Rundbogenarkaden die Blicke auf sich zieht, liegt auf einem Marmorpostament die Kopie der Skulptur „Sterbender Gallier“. Diese oft kopierte Skulptur aus der Antike wurde im Jahre 1865 im ehemaligen Schlosshof aufgestellt.
Im Schlosspark wurde 1867 ein Mausoleum gebaut. Ursprünglich diente die Kirche St. Maria Magdalena in Vilmnitz als Familiengrab der Familie von Putbus. Als erstes Mitglied der Familie wurde Wanda von Putbus, die Frau von Wilhelm Malte II. von Putbus 1868 hier beigesetzt. Insgesamt sechs Mitglieder der Fürstenfamilie wurden hier bis 1927 bestattet.
Gibt es in der Orangerie ein Trauzimmer, in dem man sich das Jawort geben kann, hat auch der Schlosspark eine wunderschöne Hochzeitsbank, von der man einen weiten Blick über den Park hat. Auf dieser kleinen Bank mit Fernsicht ließ es sich wunderbar verweilen.
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Mitten im Park auf der freien Rasenfläche, am Fuß des Hügels, gleich neben einem Springbrunnen, ließ die Fürstin Luise zu Putbus zum Andenken an ihren Gatten das Denkmal von Wilhelm Malte I. aus weißem Carrara Marmor errichten. Die überlebensgroße Ganzfigur des Fürsten in der Uniform des frühen 19. Jahrhunderts steht auf einem Postament. Das Denkmal wurde 1859 von dem Bildhauer Friedrich Drake geschaffen. Die vier Seiten des Denkmals sind mit Marmortafeln besetzt, die wichtige Meilensteine des Fürsten darstellen.
Manchmal müssen alte Bäume gefällt werden. Aber eigentlich ist es doch schade um so einen ehrwürdigen Vertreter der Natur. Ist der Baum erstmal weg, bleibt doch immer noch das Problem mit dem Baumstumpf. Ein Künstler mit Ketten/Motorsäge hat in unmittelbarer Nähe des Denkmals ein wahres Kunstwerk aus einem alten Baumstumpf geschaffen. Schade, dass man nirgendwo etwas über den Künstler und seine erschaffene Baumskulptur finden konnte.
Im ehemaligen Affenhaus, heutige Puppenmuseum mit Café gönnen wir uns nach dieser interessanten Sightseeing-Tour eine längere Pause.
Hier genießen wir bei Kaffee und selbst gebackenen Kuchen wie einst Fürst Malte, den Blick auf den Schwanensee von der Terrasse.
Nach der leckeren Torte, die zwar nicht schlank aber GLÜCKLICH macht, fahren wir zurück zu unserer Ferienwohnung. Auf der B 196 unterfahren wir das Mönchgut-Tor. Erst wenn man dieses Tor Durchfahren hat, hat man Mönchguter Boden betreten. Es ist eine historische Grenze, die die Halbinsel Mönchgut vom Rest der Insel Rügen trennt.
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