|
Radtour 2
Grömitz - Brodau - Rettin - Pelzerhaken - Neustadt
Wieder einmal wurden wir früh am Morgen geweckt, denn wir haben jeden Morgen Möwenkreischen statt Wecker klingeln. Doch strahlender Sonnenschein hält uns so wie so nicht im Bett, denn heute geht es mit dem Rad nach Neustadt, welches sich für eine Auszeit vom Strand als ideales Ziel anbietet.
Dieser Ort ist eng mit der wirtschaftlichen Geschichte von Grömitz verbunden, denn bereits zur Hansezeit war der Hafen von Neustadt eine wichtige und interessante Anlaufstelle für holländische und dänische Schiffe.
Für Grömitz war die Haupteinnahmequelle die Landwirtschaft und natürlich die Fischerei. So lieferten sie damals gesalzenen Hering in Fässern nach Neustadt, die aus dem Neustädter Hafen exportiert wurden.
Und so ein altes Fischerhäuschen aus früheren Zeiten haben wir bei unserem ersten Halt am Rande des neuen Jachthafens in Grömitz gefunden.
Wir schieben unsere Fahrräder bis zum Ende der Promenade und stehen auf einem sehr schönen Grillplatz. Direkt daneben, unterhalb der romantischen Steilküste, beginnt der Grömitzer Naturstand.
 |
Nach einer kleinen Pause geht es nun aber wirklich aufs Fahrrad in Richtung Bliesdorf. Umgeben von Feldern und kleinen Waldstücken lässt es sich wunderbar radeln. Goldgelbe Stoppelfelder leuchten in der Morgensonne und so mancher Strohballen wartet auf den abgeernteten Kornfeldern noch auf seine Abholung.
 |
Auch in Brodau empfängt uns Ruhe und Idylle. Es ist ein schöner kleiner Ort direkt an der Ostsee. Wunderschön gelegen ist das Gut Brodau. Es wurde um 1530 von der Familie Rantzau auf einer natürlichen Insel im See erbaut. Die Zufahrt durch ein Torhaus geschah früher über eine Zugbrücke, die erst im 19. Jahrhundert durch einen Zufahrtsdamm ersetzt wurde.
Im spätmittelalterlichen Herrenhaus lebt die Besitzerfamilie von Ludowig, die auch den landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet.
Ein gut ausgebautes und beschildertes Netz führt uns durch das reizvolle Hinterland. Wiesen, Felder und Alleen begleiten uns auf unserer Fahrradtour weiter bis nach Rettin. Das ehemalige Fischerdorf Rettin gilt als Ruhepol an der Ostsee.
 |
Aufgrund seines flachen Wassers ist er ein idealer Urlaubsort für Familien mit Kindern, denn den kleinen Kindern macht der Naturstrand sichtlich Spaß. Unendliche Weite, ursprünglich und verträumt - der Rettiner Strand hat seinen ganz eigenen Charme. Die Neustädter Nachbarn kommen am Wochenende ebenfalls gerne hierher, um sich zu erholen und die Ruhe zu genießen.
Hier am Strand gibt es einen kleinen Laden mit Artikeln für den täglichen Bedarf und auch für Hunger und Durst ist gesorgt, doch uns zieht es erst einmal weiter.
Beinahe mühelos geht es mit dem Rad durch die grüne Weite der Region und vorbei am ehemaligen Fernmeldeturm M des Marinefernmeldesektors 73 in Pelzerhaken. Massive Steinfiguren säumen unseren weiteren Weg, dessen Bedeutung wir leider nicht herausfinden konnten. Da können wir mit einem alten Fischerkutter schon etwas mehr anfangen.
In direkter Nachbarschaft zwischen Rettin und Neustadt liegt das Nachbardorf Pelzenhagen, das wir über einen Feldweg durch den Schaarwald erreichen. Hier machen wir einen Abstecher zur Kapelle des Ortes. In den Jahren um 1960 setzte sich die Erkenntnis durch, dass, wenn die Menschen nicht in die Kirche kommen, die Kirche zu den Menschen gehen muss. Aus dieser Überlegung heraus reifte beim Kirchenvorstand Neustadt der Entschluss, in Pelzerhaken eine Kapellenkirche zu bauen.
 |
Auf dem „Timpenbarg“, dem zentralen höchsten Punkt in Pelzerhaken, wurde am 30. Juni 1968 diese Kapelle eingeweiht. Es ist ein schlichter Bau aus Stahlbeton, der seine besondere Wirkung hat.
Von hier ging es zurück auf die Promenade, denn von den Ostseebädern Rettin über Pelzerhaken bis zur Hafenstadt Neustadt führt eine10 km lange Promenade immer direkt am Wasser entlang.
Am Ortsrand von Neustadt liegt an dieser Promenade, direkt am Ufer der Neustädter Bucht, der „Ehrenfriedhof Cap Arcona“, auf dem 621 der Opfer in Massengräbern bestattet worden sind.
Ein Gedenkstein erinnert an die Katastrophe vom 3. Mai 1945.
Damals versenkten britische Kampfflieger die Schiffe „Cap Arcona“ und „Thielbeck“, mit 7300 KZ-Häftlingen an Bord, wobei die meisten der Häftlinge ums Leben kamen.
Ein Gedenkstein nennt die Nationalitäten der Opfer.
Von hier ist es nicht mehr weit, bis vor uns der Hafen von Neustadt liegt. Wir machen einen Spaziergang um das Hafenbecken sehen moderne Jachten, Traditionssegler und Fischkutter. Mit mehr als 1500 Liegeplätzen im Stadthafen, dem romantischen Rundhafen und der 5 Sterne Marina ist Neustadt ein bedeutendes Segelsportzentrum in der Region.
 |
Doch nicht nur Schiffe gucken ist angesagt, denn wir bummeln über dem „Neustädter Kunst-Kilometer“. Entlang des fjordartigen Hafens an der Promenade „Jungfernstieg“ präsentieren Künstlerinnen und Künstler Skulpturen und Installationen im öffentlichen Raum der Stadt.
So gelangen wir automatisch zum fjordähnlichen Stadthafen. Es ist der Heimathafen der „Albatros II“, die wohl jeder aus der ZDF-Serie „Küstenwache“ kennt.
Das Hafenbild prägt der Pagodenspeicher von 1830. Er wurde am Neustädter Binnenwasser errichtet. Das Gebäude diente bis ins 20. Jahrhundert als Getreidespeicher. Seinen Namen erhielt das Bauwerk, weil seine Form an eine fernöstliche Pagode erinnert. (ein mehrgeschossiges Bauwerk, dessen Dachvorsprünge voneinander getrennt sind).
Von hier gehen wir durch kleine Gassen, vorbei an einem äußerst romantischen kleinen Haus, bis in die historische Altstadt. Sie verleiht dem Ostseebad ein mittelalterliches Flair. Sehenswert ist hier die dreischiffige Stadtkirche am Markt, die auf das 13. Jahrhundert zurückgeht.
 
 |
In der Außengastronomie auf dem Marktplatz, gleich neben dem Neustädter Rathaus und Blick auf die Fischerskulptur, gönnen wir uns unsere wohlverdiente Mittagspause.
Mit neuem Schwung gehen wir danach durch die Fußgängerzone Kremper Straße, vorbei an schönen kleinen Geschäften, zum „Kremper Tor“.
Es ist das Letzte von ursprünglich drei Stadttoren und das einzig erhaltene mittelalterliche Stadttor in Ostholstein.
Dieses, von einem Stufengiebel gekrönte Tor aus dem Jahre 1244 beherbergt hinter meterdicken Backsteinmauern das Museum der Stadt Neustadt sowie das Cap-Arcona-Museum.
Das1990 fertig gestellte Museum erinnert eindrucksvoll an die Tragödie dieses Schiffes unmittelbar vor Kriegsende im Jahr 1945 und gibt Einblick in die Gesamtzusammenhänge der Katastrophe.
Am Nachmittag lassen wir die Stadt hinter uns und radeln zum Naturschutzgebiet Neustädter Binnenwasser. Es ist ein Brackwassersee mit angrenzenden Salzwiesen. Obwohl das Gewässer von Süßwasserflüssen gespeist wird, handelt es sich um einen Brackwassersee, da in unregelmäßigen Abständen Ostseewasser durch die Hafenenge von Neustadt in das Becken eindringt. Daher ist der Salzgehalt des Wassers nur unwesentlich geringer als in der Ostsee.
 |
Dieses Biotop ist Brut- und Rastplatz sowie Nahrungsreservoir für eine Reihe von Watt- und Wasservögeln.
Über Altenkrempe geht es durch landschaftlich äußerst reizvolles, hügeliges Hinterland, geprägt von Landwirtschaft und grünen Wiesen zurück nach Grömitz, wo uns lebhaftes Getümmel empfängt.
|
