Lübeck
Während die einen im Urlaub gerne ausspannen und den Tag am liebsten in der Horizontalen am Strand verbringen, wollen wir heute wieder einmal zu einer Stadtbesichtigung starten. Ein Besuch in der wunderschönen Lübecker Altstadt darf bei einem Ostseeurlaub nicht fehlen. „Liubice, die Liebliche“ so lautete bereits im 9. Jahrhundert die erste Siedlung am Unterlauf der Trave. Von seiner Lieblichkeit hat die „Königin der Hanse“ bis heute nichts verloren. Wir haben unser Auto in der Tiefgarage Linden-Arkaden abgestellt und starten unseren Rundgang an der mit Sandsteinfiguren geschmückten Puppenbrücke.
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Sie ist die erste aus Stein gebaute Brücke der Stadt und erhielt ihren heutigen Namen aufgrund der lebensgroßen Standfiguren. Diese 1907 erbaute Brücke ist eine der Hauptzufahrten zur historischen Lübecker Altstadtinsel zwischen Trave und Wakenitz. Der Weg führt uns direkt auf den Holstentorplatz. Das Innere des etwa 170 Meter langen und 70 Meter breiten Platzes ist als Grünanlage gestaltet. Ein gradliniger Fußweg läuft direkt auf das Holstentor zu. Auf dem äußeren Bereich fließt der Verkehr als mehrspurige Straße.
Da die Hansestadt Lübeck im Laufe der Jahrhunderte immer reicher wurde, wurden starke Mauern und Befestigungsanlagen gegen Bedrohungen von außen notwendig und der Zugang war nur durch Stadttore möglich. Das Holstentor, das zwischen 1464 und 1478 erbaut wurde, ist das wohl bekannteste und bedeutendste erhaltene Stadttor des Spätmittelalters. Der markante Stufengiebel wird beidseits von zwei wuchtigen Rundtürmen eingerahmt.
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Aufgrund seiner Funktion hat das Tor eine Stadt- und eine Feldseite. Die Stadtseite ist mit vielen Fenstern ausgestattet und die Feldseite bekam die Schießscharten und Geschützkammern. Heute befinden sich im Inneren Ausstellungsräume. Dieses berühmte Wahrzeichen zierte von 1960 bis 1991 den früheren 50-DM-Geldschein. 2006 wurde das berühmte Tor dann auf die 2-Euro-Münzen geprägt. Dieses wuchtige Tor ist nicht nur Zahlungsmittel, sondern seine Nachbildung gibt es auch aus echtem Lübecker Marzipan von Niederegger.
Wir fädelten uns in den Touristenstrom ein und wurden mit ihm zum Arkadencafé von Niederegger gespült. Es liegt mitten in der Altstadt, direkt gegenüber dem Rathaus. Hier kann man die edlen Spezialitäten Verkosten und die schönsten Marzipansouvenirs der Hansestadt, allen voran das prachtvolle Holstentor aus purem Marzipan, mit nach Hause nehmen. In Lübeck begann der Siegeszug des Marzipans um die Welt und das Cafe Niederegger ist seit vielen Jahren ein Lübecker Wahrzeichen.
Den Marktplatz mit seinen eleganten Arkadengängen beherrscht das über Eck gebaute Rathaus. Es ist eines der größten und bedeutendsten Rathäuser in Deutschland und ruht auf einem Arkadendurchgang aus Kreuzrippengewölbe, unter dem früher die Buden der Goldschmiede standen. Der Bau begann im Jahre 1230 und wurde im Laufe der Jahre immer wieder verändert und erweitert. Dies erklärt die verschiedenen Baustile und Teile. So entstanden der Hansesaal für Sitzungen, der prächtige Audienzsaal und das Danzelhus (Tanzsaal) für gesellschaftliche Treffen.
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Noch heute ist das Rathaus Sitz des Bürgermeisters und der Verwaltung sowie Tagungsort der Bürgerschaft und ihrer Ausschüsse. Aufgrund von Dach- und Fassadensanierung war das Rathaus leider komplett eingekleidet. Vor der Kulisse der Marktstände verwandelt sich der Platz montags und donnerstags in einen belebten Treffpunkt. Hier werden traditionell überwiegend regional erzeugte Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Milchprodukte, Fisch, Fleisch und Kräuter angeboten.
Die Stadt hat mit Thomas Mann, Günter Grass und Willy Brandt drei Nobelpreisträger hervorgebracht.
Der Hauptschauplatz von Thomas Manns Nobel-preisgekröntem Roman "Die Buddenbrooks" ist Lübeck. Im Zentrum des Romans steht das Haus in der Mengstraße 4. Das großbürgerliche Stadthaus mit Rokoko-Fassade und geschwungenem Giebel gehörte den Großeltern des Schriftstellers Thomas Mann. Seine als Kind gesammelten Eindrücke finden sich in dem Erfolgsroman wieder. Heute befindet sich eine Ausstellung über die Romanfamilie „Buddenbrook“ in diesem Haus und bietet ein Stück erlebbare Literatur.
Über die Breite Straße, mit Blick auf die St. Jacobi Kirche, setzten wir unsere Stadtbesichtigung fort.
Neben modernen Bauten steht das mit einem dekorativen Staffelgiebel geschmückte Versammlungshaus der Schiffergesellschaft. Bereits 1535 erwarben Kapitäne dieses historische Haus. Es ist das einzige erhaltene Gildehaus der Stadt und eine Attraktion für Touristen aus aller Welt. Die Schiffergesellschaft ist heute ein stimmungsvolles Fischrestaurant in einem einmaligen Ambiente, mit einem rege besuchten Kapitänsstammtisch.
Den markanten Kirchturm der St. Jakobi Kirche haben wir ja schon vom Weiten gesehen nun gehen wir in der gegenüber der Schiffergesellschaft stehenden dreischiffigen Kirche. Sie wurde im Jahre 1334 als Kirche der Seefahrer und Fischer geweiht. Heute ist sie Seefahrer-, Musik- und Pilgerkirche. Sehenswert sind die Kanzel und der Hochaltar aus dem Jahr 1698.
Seit September 2007 befindet sich in der nördlichen Turmkapelle die „Pamir Kapelle”. Es ist eine „Nationale Gedenkstätte für die zivile Seefahrt“. Hier steht auch das Wrack eines Rettungsbootes des Segelschulschiffes „Pamir“, das am 21. Sept. 1957 in einem Hurrikan im Nordatlantik sank. 80 zumeist in der Ausbildung befindliche junge Seeleute fanden dabei den Tod. Nur 6 von ihnen konnten gerettet werden.
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Reiche Lübecker Kaufleute stifteten das in der Großen Burgstraße stehende Heilig-Geist-Hospital. Fünf schlanke Turmspitzen krönen die Backsteinfassade. In dem 1286 erbauten Hospital fanden 100 Arme, Kranke und Pflegebedürftige eine Unterkunft. Es ist eine der ältesten bestehenden Sozialeinrichtungen der Welt.
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Die Bewohner des Hospitals waren einer klosterähnlichen Regel unterworfen, doch erhielten sie Nahrungsmittel und seit dem 17. Jahrhundert acht Mal im Jahr ein warmes Bad. Zunächst wurde es für die Krankenpflege, danach als Altenheim genutzt. Auch heute noch ist das Heilig-Geist-Hospital in Teilen ein Alten- und Pflegeheim. An der Südseite werden historische Räume auch als Gastronomie genutzt.
Das Willi-Brandt-Haus in der Königstr. ist eine vergleichsweise junge Einrichtung. Am 18. Dezember 2007 wurde das Haus mit der Dauerausstellung "Willy Brandt - Ein politisches Leben im 20. Jahrhundert" feierlich eröffnet. In sieben Räumen zeigt die Dauerausstellung das bewegte Leben Willy Brandts von 1913 bis 1992.
Seine Spuren erkunden wir mit vielfältigen Multimedia-Angeboten und Original-Ausstellungstücken.
Besonders markant ist die Darstellung der Teilung Deutschlands, denn die Ausstellungswände sind hier der Berliner Mauer nachempfunden.
Am 13. Aug. 1961 begann das DDR-Regime mit dem Bau eines fast unüberwindlichen Betonwalls. Das im Garten des Hauses zu sehende Mauerteil ist eines von 45.000 Segmenten, die 28 Jahre die Mauer bildeten.
Das Günter Grass-Haus auf der Glockengießerstraße stößt rückwärtig an das Willi-Brandt-Haus.
Das Haus stellt das Werk des Literaturnobelpreisträgers, der nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Grafiker, Maler und Bildhauer arbeitete, vor.
Es lohnt sich, anschließend weiter durch die malerische Glockengießerstraße zu bummeln. Sie ist von Stiftshöfen gesäumt, deren Backsteingebäude reiche Kaufleute für Bedürftige gestiftet haben.
Durch das breite barocke Sandsteinportal des dreistöckigen Vorderhauses betreten wir den von Wohngebäuden gesäumten Innenhof des Füchtingshofes. Dieser Hof ist ein Überrest aus dem mittelalterlichen Städtebau und entstanden, als die Bauplätze in der Innenstadt eng wurden und man kurzerhand die Hinterhöfe bebaute. Diese versteckt gelegene denkmalgeschützte frühbarocke Wohnanlage ist heute einer der größten und prächtigsten Stiftungshöfe in Lübeck.
Der aus Westfalen stammende Johann Füchting brachte es in Lübeck als Kaufmann zu Wohlstand und Ansehen und daher verfügte er kurz vor seinem Tod, dass ein Teil seines Vermögens an Arme gehen solle.
So wurden in dem Wohnhof 21 Wohnungen für Kaufmanns- und Schifferwitwen geschaffen. Die Frauen durften nicht nur mietfrei wohnen, sondern bekamen alle drei Monate noch etwas Taschengeld ausgehändigt.
Seit 1976 ist aus der Stiftung ein öffentlich geförderter sozialer Wohnungsbau geworden. Durch aufwendige Sanierungen von 1975-77 ist der Füchtingshof noch heute bewohnt.
Durch seine blühenden Rosenstöcke und den weißen Bänken, dem üppigen Grün durch Bäume und Sträucher strahlt der Innenhof eine ganz besondere Atmosphäre aus.
Da die Altstadt Lübecks auf einer Insel erbaut ist, die von der Trave, dem Stadtgraben und dem Elbe-Lübeck-Kanal eingerahmt wird, zieht es uns natürlich auch ans Wasser. Der Elbe-Lübeck-Kanal hat eine Länge von 65,5 km und verbindet die Untertrave bei Lübeck mit der Elbe bei Lauenburg. Die heutige Bedeutung des Kanals ist eher gering. Der Kanal besitzt eine reizvolle Uferlandschaft und der Uferweg entlang des Kanals eignet sich hervorragend für einen Spaziergang.
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Zwischen Hüxtertor- und Rehderbrücke lag direkt über dem Wasser ein schönes Cafe, welches uns zu einer Pause einlud. Von der Terrasse hatten wir einen herrlichen Blick auf den beschaulichen Wasserweg und beobachten die idyllische Fahrt der Ausflugsboote.
Nach dieser romantischen Pause setzten wir unseren Spaziergang entlang des Mühlenteichs fort.
Von den Parkwegen bietet sich ein wundervoller Blick über den Mühlenteich bis hinüber zu der von Heinrich dem Löwen gestifteten ältesten Kirche Lübecks, dem wuchtigen Lübecker Dom.
Seine beiden massigen 115 Meter hohen Vierecktürme mit den spitz zulaufenden Helmen weisen uns den Weg.
Der 1247 geweihte Dom zählt mit einer Länge von 130 Metern zu den längsten Backsteinkirchen an der Ostsee. Durch das bis zu 20 m hohe Gewölbe entsteht ein gewaltiger Raumeindruck.
Im Hauptschiff des Doms befindet sich das auffallende 17 Meter hohe Triumphkreuz.
Die reich ausgestattete Kirche beherbergt viele Kunstwerke sowie Grabkapellen am südlichen Seitenschiff des Doms.
Von hier geht es zurück in die Innenstadt. Der Klingenberg, einst Handelsplatz für Schmiedeerzeugnisse, präsentiert sich heute als modern gestalteter Platz im Süden der Lübecker Altstadt.
Bänke rund um die Wasserspiele luden uns zu einer kurzen Pause ein. Schon am Tage schön anzusehen sollen die beleuchteten Wasserspiele am Abend ein wirkliches optisches Highlight sein.
Am Ende unserer Stadtbesichtigung geht es noch zu den Salzspeichern am Ufer der Stadt-Trave. Hier steht eine Gruppe von 6 schmalen Giebelhäusern aus dem 16.-18. Jahrhundert. In ihnen wurde das Salz zwischengelagert welches aus Lüneburg, später aus Spanien und Portugal eingeführt wurde. Damit war Lübeck Hauptumschlagplatz für das begehrte „weiße Gold“ und dieses hat wesentlich zum Reichtum der Hansestadt beigetragen.
Die Industrialisierung brachte veränderte Handelsstrukturen mit sich, so wurden die alten Speicher nutzlos. Ein Textilkaufhaus zog 1942 nach Bombardierung seiner ursprünglichen Geschäftsräume in einen der Salzspeicher als Ausweichquartier um. Nach Kriegsende entschied der damalige Inhaber, mit dem Geschäft am Ort zu bleiben. In den Folgejahren wurden die Salzspeicher nach und nach restauriert und im Inneren miteinander verbunden.
Wir beenden unseren Rundgang durch die Altstadt Lübecks an der Dankwartsbrücke. Berühmt geworden ist diese Fußgängerbrücke über die Stadt-Trave hauptsächlich durch den „sogenannten Lübecker Malerwinkel“. Von der kleinen Grünanlage am Westufer der Trave, dem „Malerwinkel“ haben Künstler und Fotografen den wohl schönsten Blick auf Lübeck.
Von hier kann man auf das gegenüberliegende Ufer und die Altstadt mit der engen mittelalterlichen Bebauung schauen. Die hohen Türme der Marien- und Petrikirche bilden einen beeindruckenden Kontrast zu den historischen Altstadthäusern am Ufer der Trave. Zumeist ist die Dankwartsbrücke im Vordergrund zu sehen. Doch auch von der Brücke selbst wurden zahlreiche Bilder und Fotografien mit dem vermeintlich schönsten Blick auf Lübeck festgehalten. Auch wir genießen die herrliche Aussicht auf die wunderschöne Altstadtkulisse.
Bereits 1935 veröffentlichte der Hamburger Ansichtskartenverlag Hans Andres eine Postkarte mit dem Titel „Blick vom Malerwinkel“. Auch der Geschäftsführer des Lübecker Verkehrsvereins nahm 1938/39 ein Foto mit diesem Blick und dieser Bezeichnung in seine Dia-Vorträge über Lübeck auf. Dieses sind die ersten Belege für die Verwendung des Namens des bis heute bei Malern und Fotografen so beliebten Fotomotivs.
Wir sind wieder einmal begeistert von Lübeck, die „Stadt der sieben Türme“. 551 denkmalgeschützte Bauwerke erinnern an stolze, reichen Zeiten, die nach den schweren Zerstörungen des letzten Krieges mit vielen Millionen DM und beispiellosen Helfern wiedererrichtet wurden. Fast die gesamte Altstadt ist ein einziges Schmuckkästchen mit Fachwerk, Kirchtürmen, Backsteinbauten, engen Gässchen und schönen Plätzen am Wasser. Mit dem mittelalterlichen Stadtkern der Hansestadt Lübeck wurde 1987 erstmals in Nordeuropa eine ganze Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt.
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