5. Tag -Schlösserfahrt mit Rees
Draußen begannen sich die ersten Vögel zu rühren, und ein paar Spatzen waren aufgewacht und tschilpten vor sich hin, als hätten sie ein Programm zu erledigen. Und auch uns hielt es nicht mehr im Bett, denn der Niederrhein ist ein Paradies zum Radwandern. Nach unserem Frühstück und ein Hallo zu unserer Vermieterin geht es mit unserem Rad wieder hinunter zur Personenfähre „Keer Tröch II“.
Man merkte, dass es heute Pfingstsonntag war, denn jeder Fahrradständer auf der Fähre wird heute mit Fahrrädern belegt und so legen wir voll beladen mit Menschen und Rädern ab, um uns kurze Zeit später auf der anderen Rheinseite wieder an Land zu lassen.
Für uns geht es wieder nach ca. 150 m rechts in Richtung Wesel. Das erste Stück unserer Tour geht wieder über den Deich, von dem wir einen ungehinderten Blick über das weite Wiesenland der Rheinaue haben. Da wir jedoch nicht nach Wesel wollen, biegen wir in Richtung Diersfordt ab.
Der Ort liegt idyllisch inmitten eines großen Waldgebietes im Nordosten von Wesel. In dem Ort liegt das gleichnamige Schloss Diersfordt. Es ist ein Wasserschloss, das auf eine mittelalterliche Burg der Herren von Wylich zurückgeht und eine fast 700-jährige Geschichte vorweisen kann. Die Schlossanlage steht auf dem Areal einer alten, ausgetrockneten Rheinschlinge unweit des Diersfordter Waldsees.
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Wir fahren über eine etwa 350 Meter lange Allee, die uns zur Schlossbrücke aus dem Jahr 1868/69 führt. Der Weg zur Schlossbrücke wird an beiden Seiten von Wirtschaftsgebäuden flankiert, welche seit September 2004 als Museum und Heimathaus genutzt werden.
Wie alle Gebäude auf der Schlossinsel ist das Haupthaus auf einem Pfahlrost aus Eichenpfählen errichtet. 1996/97 wurde das Schlossareal verkauft und umfangreiche Renovierungsarbeiten an der Anlage vorgenommen. Der Besitzer nutzt das Hauptgebäude heute als Wohnsitz und betreibt dort zusätzlich ein kleines Hotel.
Ein Juwel ist die barocke Schlosskirche. Sie ist ein freistehendes Backsteingebäude mit halbrunder Apsis. Seine Turmspitze zeigt eine aus getriebenem und vergoldetem Kupfer gefertigte Sonne.
Das Zifferblatt am Turm erfüllt keine Funktion mehr, denn die ursprüngliche Turmuhr kam im Zweiten Weltkrieg abhanden.
Unsere Radtour geht weiter über die imposante Lindenallee „Am Jäger“. Sie wurde etwa bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts beidseitig der Straße gepflanzt. Diese Lindenalleen sind selten geworden, daher ist die Allee heute als Naturdenkmal geschützt. Nicht nur die Allee ist sehenswert, auch die an der Straße liegenden Anliegergärten sind einen Blick wert.
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Unsere E-Bikes bringen uns nun in die Stadt Hamminkeln. Sie ist die jüngste und flächengrößte Stadt des Kreises Wesel. Sehenswert sind die beiden Kirchen des Ortes. In rötlicher Ziegelbauweise präsentiert sich die kath. Kirche Sankt Maria Himmelfahrt mit ihrem schlanken 46 Meter hohen Turm im neugotischen Stil. Sie wurde am 20. Sept. 1894 eingesegnet. Das Vermächtnis einer Witwe ermöglichte den Bau.
In strahlendem Weiß leuchtet die ev. Kirche auf der Marktstraße. Die Gründung der Kirche geht möglicherweise in das 10. Jahrhundert zurück, ihre urkundliche Ersterwähnung erfolgte im Jahr 1154. Der Tuffstein der Kirche und die römischen Ziegeln stammen nachweislich aus dem Römerlager in Xanten. Der rund 38 Meter hohe Kirchturm war zuvor niedriger und wurde 1878 auf die heutige Höhe aufgestockt.
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Wenn man auf Fotosuche in einem Ort ist, findet man so einiges. So stehen wir vor einem Gedenkstein, der an das 850- jährige Bestehen der Gemeinde erinnert, welches im Jahr 2004 begangen wurde. Auf der Ringenberger Str./Ecke Brüner Str. stehen wir vor einem Ehrenmal und auf dem Weg nach Ringenberg sehen wir am Schlotweg auf einem Seitenstreifen einen Bildstock. Sie stehen für Freude, Dank, Trauer und den Glauben an Gott. Ferner ist es ein guter, alter Brauch, Häuser und Gehöfte in die Obhut von Bildstöcken oder Kreuzen zu stellen. Meist stehen sie nicht allein – genau wie hier -, sonders sind umgeben von Sträuchern, Bäumen oder Blüten.
Immer den Hinweisschildern nach stehen wir bald im Ortszentrum von Ringenberg.
Sehenswert ist hier die kath. Kirche. Sie ist eine Sehenswürdigkeit, die etwas aus dem Rahmen fällt, denn bei ihr handelt es sich nicht um einen historischen Bau vergangener Jahrhunderte, sondern um einen vergleichsweise jungen Bau aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Und dennoch ist sie sehenswert, da es sich um eine der schönsten und interessantesten Dorfkirchen unserer Zeit handelt.
Von hier ist es nur noch eine Straßenabbiegung und wir stehen vor dem Wasserschloss Ringenberg. Das Schloss geht auf eine Burggründung aus dem 13. Jahrhundert zurück. Von niederländischen Truppen zerstört, kam die Anlage im 17. Jahrhundert an den Freiherrn Alexander von Spaen, der sie wieder aufbaute. Nachdem das Schloss 1984 unter Denkmalschutz gestellt wurde, erfolgte drei Jahre später die Eintragung des Geländes als Bodendenkmal. Heute ist das Gebäude Eigentum der Stadt Hamminkeln, die dort ihr Standesamt betreibt. Nicht nur als Hochzeitslocation, sondern auch aus Künstlerzentrum hat sich das Schloss einen Namen gemacht. Das Schloss ist eine dreiflügelige Anlage aus Bachstein, die von Wassergräben umgeben ist. Seine Süd- und seine Ostecke werden von mächtigen runden Ecktürmen gebildet. Eine Bank und dazu das stimmungsvolle Schloss-Ambiente vor uns lassen uns pausieren. Mit einer Brotzeit in der Hand genießen wir den Blick auf das altehrwürdige Gebäude, zumal die hohen Baumwipfel die Sonne nicht überall durch lassen, was aufgrund der doch sehr warmen Temperaturen sehr angenehm ist. Ringenberg besitzt neben dem Schloss und der ev. Kirche aus dem 17. Jahrhundert noch die kath. Christus-König-Kirche von 1936.
Markant ist nicht nur das Gebäude, sondern auch der freistehende, von einzelnen Säulen getragene Glockenturm auf dem Kirchplatz.
Eine weitere Besonderheit ist auch die Innenarchitektur, denn hier steht der Altar im Mittelpunkt, um die sich die Gemeinde als Gruppe um das Zentrum schart. Die Raumgestaltung scheint wie eine Antwort auf das innere Bedürfnis des Menschen nach Geborgenheit und Andacht.
Auf unserer heutigen Fahrradtour gibt es viel zu sehen und daher geht es weiter zum immer noch stattlichen Gebäude - dem Wasserschloss Bellinghoven. Im 14. Jahrhundert wurde die Burg erstmals urkundlich erwähnt. Im "Achtzigjährigen Krieg" teilweise zerstört wurde es schlossartig wieder aufgebaut und im 17. Jahrhundert nochmals geändert.
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Das Schloss wurde 1974 an den Caritasverband Oberhausen weitergegeben und wird nun von ihr genutzt. Hier werden gefährdete Jugendliche heilpädagogisch betreut und darum ist diese Anlage nur von außen zu besichtigen. Gleich in der Nachbarschaft befindet sich das Gasthaus „Zum Hirsch“. Dem Angebot „besuchen sie einen der schönsten Biergärten am Niederrhein“ konnten wir nicht wiederstehen. Wir fanden in dem schönen Garten unter natürlichen Schattenspendern – Bäume – einen gemütlichen Tisch und waren auch von dem uns servierten Eisbecher sehr angetan.
Eine kleine Ortserkundung stand nach unserer Pause noch auf dem Plan. Der Ort Mehr ist bereits ein Stadtteil von Rees, unserem nächsten Ziel. Das Gemeindegebiet ist größtenteils sehr landwirtschaftlich strukturiert. Zudem entstanden durch jahrelangen Kiesabbau um das Gemeindegebiet herum große Wasserflächen.
Geprägt wird das Ortsbild von der kath. St.-Vincentius-Kirche. Schon vor dem Jahre 800 stand am heutigen Platz eine Kirche - eine zu einem Hof gehörende Eigenkapelle -, aus der sich die Kirche entwickelte.
Durch Artilleriebeschuss während des Zweiten Weltkrieges wurde die Kirche weitgehend zerstört und zwischen 1951 und 1954 wieder aufgebaut. 1957 erhielt sie vier neue Glocken. Mit der Fertigstellung eines neuen Mittelschiffsgewölbes erhielt sie ihr heutiges Erscheinungsbild. Über die idyllisch gelegene Brücke überqueren wir das Gewässer Kirchenrenne, die die Verbindung zwischen Kirche und Kindergarten/Schule herstellt. Sie wurde 2013 als Ersatz der alltagsschwachen Vorgängerin errichtet. Die Kirche mit der schönen Holzbrücke über den Stausee ist das „Wahrzeichen“ von Rees-Mehr und ein schönes Fotomotiv.
Nun treten wir kräftig in die Pedalen unseres Pedelec – häufig auch E-Bike genannt – und kommen richtig in Fahrt. Unabhängig vom Fahrstil oder Terrain haben wir immer die optimale Unterstützung, vom ersten bis zum letzten Tritt in die Pedale. So haben wir die wenigen Kilometer bis zum Ort Rees, den wir bereits 2012 besucht haben, schnell geschafft.
Wir stellen unsere Fahrräder gut gesichert ab, um die älteste Stadt am unteren Niederrhein wieder einmal zu Fuß zu erkunden. Bis heute ist der größte Teil der spätmittelalterlichen Stadtbefestigung mit Stadtmauer, Rondell, Mühlen-, Zoll und Wachtürme erhalten und zählten einst zu den bedeutendsten am Niederrhein.
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Wir gehen hinunter zu einem der größten touristischen Anziehungspunkte, der ca. 1000 m langen Rheinpromenade, mit den Resten der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Wir wollen bei unserem Spaziergang die rund 700 Jahre alte Stadtmauer mit Pegel-, Zoll- und Mühlenturm anhand von Informationstafeln erkunden. Wir stehen vor dem Mühlenturm und lesen: 1470 stellte der Herzog von Kleve der Stadt 200 Basaltblöcke der verfallenen Burg Aspel zum Bau einer Turmmühle zur Verfügung.
Dieser Turm hatte drei Zwecke zu erfüllen: In ihm war eine Loh–Mühle, die Gerbstoffe herstellte, untergebracht. Ferner diente er der Verteidigung und konnte dazu mit kleinen Mauergeschützen armiert werden.
Bei schwerem Eisgang des Rheins stand er als Bollwerk gegen den Eisdruck.
Auf der Mauerkrone des Mühlenturms ist seit 2010 ein Horizontobservatorium untergebracht. Beobachtet werden die Auf- und Untergänge von Sonne und Mond.
Auch der alte Zollturm ist ein Teil der alten Stadtumwehrung. Erbaut 1299 diente er zur Überwachung des Kölner und Klever Rheinzolls.
Wir bummeln die Promenade entlang und machen eine Pause auf den zahlreichen Bänken, die zum Verweilen auf der Rheinpromenade einladen.
Auch die Kunstfreunde kommen bei einem Spaziergang entlang der ruhigen und schönen Rheinpromenade auf ihre Kosten.
Nach der Bronzeskulptur „Ziege“ stehen wir nun vor der bekannten Bronzestatue „Zwiegespräch“, die zu Bronze gewordenen Mädchen Laura und Yasmin. Diese beiden Mädchen dienen den Touristen besonders gern als Fotomotiv – uns natürlich auch.
Wir verlassen die Rheinpromenade, denn Rees hat noch weitere Sehenswürdigkeiten, so z.B. das Wächtertürmchen am Froschteich. Um 1480 wurde das Wächtertürmchen am Froschteich anlässlich der Verstärkung der Reeser Stadtbefestigung errichtet. Durch Kriegseinwirkung wurde der Turm 1945 stark beschädigt. 1992/93 wurde er nach historischem Vorbild, durch Spenden der Reeser Bevölkerung, wieder aufgebaut.
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Im Froschteich unterhalb des Wächtertürmchens treffen wir auf den „Schwimmmeister“. Nicht nur bei uns in Hamm, im Maximilianpark stehen Alltagsmenschen, auch hier treffen wir auf den Ersten, dem sicherlich noch einige Figuren folgen werden.
Nun geht es hinauf auf die historische Stadtmauer, wo wir auch die Kuppel des Wächtertürmchens neben uns haben.
Von hier gehen wir zum Markt im Innenstadtbereich. Nicht weit vom Rat- und Bürgerhaus treffen wir auf weitere Alltagsmenschen.
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Uns zieht es jedoch wieder zur Rheinpromenade und dort treffen wir im Bereich des Übergangs zur Wasserstraße auf die schöne Bronzeplastik „Freundschaft verbindet“. Der Titel passt, denn die Bronzeplastik stellt zwei Jungen dar. Der eine sitzt oben auf der Mauer und reicht seine Hände dem unten an der Mauer stehenden Freund, um diesem auch hinaufzuhelfen.
Ein gelungenes Kunstwerk und eine tolle Idee, denn mancher wird sich sicherlich an seine Kindheit erinnern und daran, dass er auch so die alten Mauern erklommen hat.
Bevor wir unsere Rückfahrt starten, machen wir in einem der zahlreichen Restaurants noch eine Erfrischungspause.
Da auch die Personenfähre „Rääße Pöntje“ den ganzen Tag zwischen Rees und Reeserschanz hin und her pendelt, gehen wir nach unserer Pause einfach hinunter um Fähranleger und reihen uns in die Gruppe ein, die den mehr als 300 Meter breiten Rheinstrom überqueren wollen. Noch haben wir etwas Zeit um uns im Hintergrund noch die gewaltige Rheinbrücke Rees-Kalkar anzusehen. Nachdem die Fähre angelegt hat, gehen wir genau so zügig wie heute Morgen mit den Rädern an Bord und stellen sie in die Radhalterungen.
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Noch ein rascher Blick zurück nach Rees, mit der Kirche St. Maria Himmelfahrt im Hintergrund und wir sind schon wieder zurück auf der linken Rheinseite. Aufgrund der schönen Städte am Rhein lassen sich unsere Radtouren immer mit einer Fahrt über den Rhein kombinieren. Bei strahlendem Sonnenschein geht es wieder über den schönen Damm zurück nach Xanten. Vorbei geht es an Obermörmter, dem nördlichsten Ortsteil der Stadt Xanten. Es ist ein altes Fischerdorf und blickt auf eine 2.000 Jahre alte Geschichte zurück. Vom Damm haben wir einen schönen Blick auf die kath. Kirche St. Peter.
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Der imposante Schiffsmast vom Schifferverein Vynen auf dem Damm teilt uns mit, das wir den Ort, der sich beinahe bis an die Ufer des Rheins erstreckt und im Osten an die „Xantener Nordsee“ grenzt, erreicht haben.
Wir verlassen den Deich zwischen einer grasenden Schafsherde und kommen zum Jachthafen der Xantener Nordsee.
Wir machen Halt und stellen unsere Räder ab. Mit einem Glas Wein, einem frisch gezapften Bier und einem Imbiss auf der gemütlichen Seeterrasse an der Waterkant-Gastronomie lassen wir es uns am Abend gut gehen, immer mit Blick auf die Nordsee.
Die Sonne steht schon tief, als wir uns auf unsere letzte Etappe zu unserer Ferienwohnung machen. Egal aus welcher Himmelsrichtung wir uns der Stadt Xanten nähern, er ist immer das erste Bauwerk der Stadt, das man schon aus großer Entfernung erblickt. Der St. Viktor Dom der Stadt erhebt sich majestätisch über dem Zentrum.
Wieder radeln wir vorbei am "Archäologischen Park", mit Blick auf den rekonstruierten Tempel und kommen danach zum Hafen der Xantener Südsee. Der Hafen und das Plaza del Mar liegen noch in der Abendsonne. Es herrscht am heutigen Pfingstsonntag reger Betrieb, denn es ist ein Treff zum Reden, Verweilen und Genießen.
Wir setzten jedoch unsere Fahrt fort, um unseren langen, jedoch schönen Tag, an dem wir 71 km geradelt sind, auf der Terrasse unserer Ferienwohnung mit einem Glas Wein ausklingen zu lassen.
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