3. Tag - Niederrheinische Seentour
Für unsere Niederrheinische Seentour müssen wir heute Morgen auf die andere Rheinseite. Unser erstes Ziel ist daher der etwa 2 km entfernte Rheinanleger. Hier pendelt die seit 1991 vom Heimatverein eingesetzte Personenfähre „Keer Tröch II“ zwischen Bislich und Xanten-Beek über den Rhein. Diese kleine Fähre, die Personen mit Fahrrädern oder Motorräder ans andere Ufer bringt fährt nur mittwochs, freitags sowie samstags und sonntags und an Feiertagen.
Am kleinen Anleger treffen wir auf ein anderes Pärchen, mit denen wir schnell ins Gespräch kommen. Wir 4 sind heute Morgen die einzigen Fahrgäste, die mit der kleinen Motorfähre schnell an das gegenüberliegende Ufer gelangen. Am anderen Ufer werden noch ein paar Fahrrouten ausgetauscht und dann fährt jeder seines Weges.
Noch ein Blick zurück nach Xanten und wir starten unsere Fahrt auf dem befestigten Rheindeich und sehen vor uns die Kirchturmspitze der Johanneskirche von Bislich.
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Der Ort wurde erstmals um 1188 erwähnt und die Einwohner leben bis heute zum Teil von der Landwirtschaft. Seit etwa einem Jahrhundert wird auch die Kiesbaggerei betrieben.
Einige diese Kiesgruben, wurden in den vergangenen Jahren renaturiert und bieten zahlreichen Tierarten ungestörten Lebensraum. Aufgrund dieser zahlreichen Seen entwickelte sich die Umgebung zu einem beliebten Naherholungsgebiet, welches wir heute mit unserem Fahrrad erkunden wollen.
Bevor wir uns den kleinen Ort näher ansehen, fahren wir vorbei an dem 1958 errichteten Ehrenmal, in der Nähe der katholischen Kirche.
Vor einer Mauer, in der die Namen der Toten der beiden Weltkriege eingemeißelt sind, steht ein stilisierter Engel. Zu Füßen des Engels steht: "Wer auf den Herrn seine Hoffnung setzt, ist von Erbarmen umgeben."
Wir radeln nun ins Kirchdorf Bislich und stehen vor der Pfarrkirche St. Johannes, die in ihren heutigen Ausmaßen im 12. Jahrhundert als dreischiffige, romanische Pfeilerbasilika errichtet wurde. Mehrfach restauriert, wurde sie im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach von den Bislicher Bürgern wieder aufgebaut. Letzte einschneidende Veränderung für die Kirche war 2008 die Restaurierung des neugotischen Hochaltars, der seitdem wieder an seinen ursprünglichen Platz im Altarraum zurückgekehrt ist.
Nach diesem Abstecher geht es weiter über den Rheindeich. Ab hier begleitet uns ein wunderschöner blühender Blumenstreifen.
Diese Farbenpracht bietet Nektar für Schmetterlinge, Bienen und viele weitere Insekten. Der Samen ist gleichzeitig Nahrung zahlreicher Vögel.
Die bunten Wildblumenwiesen sind eine gute Alternative zu monotonen Rasenflächen. Doch nicht nur von den bunten Blumen am Wegesrand sind wir begeistert, auch einige Häuser hinter dem Deich bieten Natur pur und eine einzigartige Idylle.
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Begeistert radeln wir weiter, immer den Rhein zu unserer linken Seite und kommen zum Wasserlauf Bislicher Ley und dem Wehr bei Haffen. Dieses Wehr dient zur Hinterlandentwässerung. Eine Schafherde mit ihren Lämmern begleitet uns bei unserer Fahrt auf dem Deich.
Doch nach einiger Zeit verlassen wir den Deich und fahren über die Brücke des Haffensche Landwehr. Die großen Baggerseen werden durch diesen Wassergraben geteilt, der durch seinen gewundenen Verlauf beschaulich anzusehen ist.
Das 3 km lange Haffensche Landwehr verbindet die Naturschutzgebiete Hagener Meer und Reeser Altrhein miteinander. Heute selbst Naturschutzgebiet hat sich dieser von Menschenhand geschaffene Wassergraben über die Jahrhunderte zu einem wunderschönen Biotop entwickelt. Gerade in der heutigen Zeit wird oft vergessen, sich umzuschauen und die Schönheit der Natur zu bewundern.
Wir folgen dem Radweg und stehen kurze Zeit später vor einem Teilgewässer des Reeser Meers, einem neu geschaffenen Biotop. Bereits während des Kiesabbaus wurden aufwändige Rekultivierungsarbeiten durchgeführt und dadurch entstand eine idyllische Landschaft, die Tieren und Pflanzen neue Lebensräume bietet.
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Auch an die Touristen wurde gedacht, so findet man gemütliche Sitzgruppen oder Aussichtskanzeln, die uns einen weiten Blick über den See ermöglichen, bis hin zum angrenzenden Grünland. Begeistern von unserer ausgewählten Tour setzten wir unsere Fahrt fort und fahren nach Haldern, einem Stadtteil der Stadt Rees. Zusammen mit den 6 Bauernschaften ist es eine Gemeinde von 5.000 Einwohnern.
Sehenswertes Bauwerk ist das denkmalgeschützte Kirchengebäude der katholischen Pfarrkirche St. Georg am alten Kirchhof.
Vor der Kirche steht noch eine alte Dorfpumpe, die uns ein Stück vom Leben auf dem Lande vor Jahrzehnten zeigt. Als es noch keine Wasserleitungen für jedes Haus gab, holten sich die Menschen das kostbare Nass mit Eimern und Wannen herbei.
Das war oft ein mühevolles Unterfangen. An diesen öffentlichen Gemeinschaftspumpen traf man nicht selten auf andere Dorfbewohner.
Für einen Plausch war meist noch Zeit und so tauschte man Informationen über Erfreuliches und Unerfreuliches aus.
Auf dem Kirchplatz drapieren sich die Dinge des täglichen Lebens, so gehört auch das Kriegerdenkmal dazu, welches an die Toten der beiden Weltkriege erinnert.
Wir radeln weiter zur Kriegsgräberstätte Rees-Haldern. Hier ruhen 871 deutsche Kriegstote des Zweiten Weltkrieges, darunter 347 Unbekannte. Es sind Soldaten, die im Lazarett, das im Kloster Aspel, unweit von Haldern, eingerichtet worden war, starben. Ferner ruhen hier die Soldaten, die bei den schweren Kämpfen nach der alliierten Luftlandung bei Nimwegen im Herbst 1944 oder bei der Großoffensive der Alliierten Anfang Februar 1945 mit deren Rheinübergang Ende März 1945 gefallen waren.
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Unmittelbar nach den Kämpfen wurden die Toten geborgen und zunächst auf dem katholischen Friedhof des Ortes begraben.
Als der Friedhof keinen Platz mehr bot, begrub man die Gefallenen bereits ab dem 28. Oktober 1944 auf dem damaligen Sportplatz. Einst Sportplatz lebensbejahender Jugend, heute Totenacker dieser Jugend, die geopfert wurden, als der Krieg schon verloren war, so heißt es in einer Chronik.
Zentrales Ehrenmal des Friedhofes bildet eine überlebensgroße bronzene Statur. Sie ist besonderer Ausdruck der Totenehrung.
Das herbe Antlitz der Frau ist vom Schmerz gekennzeichnet. Ihr Körper neigt sich in Trauer. Ihre Arme versuchen den Leib des Gefallenen zu halten; er droht ihr aber zu entgleiten.
Mit unsagbar zärtlicher Gebärde bettet ihre Hand den Kopf des Toten. Der hier verkörperte Schmerz ist Ruf und Mahnung zugleich, niemals wieder ein solches Leid zuzulassen und sich mit aller Kraft für ein friedvolleres Miteinander der Menschen einzusetzen.
Tief bewegt setzen wir unsere Radtour fort und suchen Ablenkung in der Natur und so gelangen wir zu den neuen Biotopen des Bergenfurther Sees. Eine Schautafel gibt uns Auskunft über die Entstehung dieses Sees, so wurden die Uferbereiche an der Abgrabung noch während des Abbaubetriebes hergestellt.
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Die Ufer wurden nicht bepflanzt, damit der freie Blick auf den See erhalten bleibt. Die Flachwasserzonen an den Ufern und mehrere eigens angelegte Kiesinseln dienen verschiedenen Vogelarten als Brutplätze. Im See selbst wurden Flöße als sichere Nistplätze verankert.
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Ein Radweg führt entlang des Abgrabungssees und so bietet sich uns immer wieder ein malerischer Blick und extra angelegte Aussichtsplätze laden zum Verweilen ein. Weit und breit keine Menschenseele zu sehen, so beobachten wir ungestört die verschiedenen Vogelarten. Dieses Naturschutzgebiet mit seinen Frühjahrsblühern ist einmalig schön und wir hätten noch lange so hier sitzen können.
Der Rückweg führt uns wieder ein Stück entlang des Rheindamms und zurück zu der kleinen Fähre „Keer Tröch II“ in Bislich.
Als hätte sie auf uns schon gewartet liegt sie bereits am Anleger und legt mit uns und einem weiteren Paar sofort ab und bringt uns in wenigen Minuten zurück ans andere Ufer.
Der Tag verging heute wie im Flug und nun merken wir, Fahrradfahren macht hungrig, gut das es die Gaststätte „Zur Rheinfähre“ direkt am Fähranleger gibt. Das Restaurant bietet eine kleine und große Terrasse direkt am Rheinufer. Wir haben uns jedoch für den innenliegenden Speiseraum entschieden, da er Wind aufgefrischt hatte. Wir fanden einen Tisch am Fenster und so konnten wir bei Matjes mit Bratkartoffel, Speck und Zwiebel das rege Treiben auf dem Rhein beobachten. Nach dem Essen geht es noch einmal aufs Rad um zu der 2 km entfernten Ferienwohnung zu gelangen.
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