Unterwegs mit einem Mietwagen
Fahrt zu den drei höchsten Bergen Gran Canarias
Auch wenn Traumstrände und der kristallklare Atlantik einen perfekten Badeurlaub bieten, wollen wir uns in der kommenden Woche die kontrastreiche Landschaft der imposanten Bergwelt und viel Grün im Landesinneren ansehen, denn Gran Canaria ist „nur“ zum Baden viel zu schade. Für unsere Tagestouren haben wir uns einen Leihwagen bei der Autovermietung CICAR (Canary Islands Car) gemietet, die auf allen Kanarischen Inseln ihren Service anbieten. Dieses Familienunternehmen wurde bereits 1967 gegründet und die Mietbedingungen sind absolut problemlos. Sie bieten eine große Auswahl verschiedener neuwertiger Fahrzeuge.
Wir haben uns für unsere Erkundungstour eine Opel Corsa gemietet. Es war ein neues Modell mit einem Tachostand von 36.000 km.
Die Verträge sind in Spanisch und Englisch ausgestellt und jeder einzelne Punkt wurde uns ins Deutsche von einem Mitarbeiter übersetzt. Der Vertrag beinhaltet keine Selbstbeteiligung im Schadensfall und unbegrenzte Kilometer, sodass wir die Insel nach Lust und Laune erkunden konnten.
Ausgerüstet mit einer Straßenkarte und einem kostenlosen Audioguide konnten wir den Ausflug gen Norden, auf der drittgrößten Kanareninsel, wagen.
Wir kurven durch die Hotelstadt Playa del Ingles, dem Ortsteil San Fernando, überqueren die Autobahn und kaum, dass wir den Ort nur noch im Rückspiegel sehen, liegt vor uns eine bizarre Landschaft mit tiefen Schluchten aus Vulkangestein. Der obligatorische Fotostop am Aussichtspunkt „Degollada Las Yequas“ unterbricht unsere Fahrt kurz.
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Von hier hat man einen fantastischen Ausblick auf die Schlucht – Barranco de Fataga – und dessen atemberaubende Bergkulisse. Ab jetzt windet sich die Straße in vielen Kurven, mit einer Steigung von bis zu 10 %, direkt am „Barranco de Fataga“ entlang, bis hinauf nach Fataga. Es ist eine fantastische Strecke, doch haben die Straßenbauer vergessen, an vielen schönen Aussichtpunkten Parkbuchten anzulegen, damit auch der Autofahrer dieses Panorama besser genießen kann. Wunderschön liegt das kleine Dorf zusammengedrängt auf einem in die Schlucht ragenden Felsen.
Der Ort liegt im Tal der tausend Palmen, zwischen braunen schroffen Felsen, das von einem schmalen grünen Band durchzogen ist. Es ist gar nicht so einfach, am Rande dieses kleinen Dorfes einen Parkplatz zu finden, denn man kann dieses charmante Ensemble nur zu Fuß zu erkunden.
Neben dem kleinen Kirchlein mit seinem Kirchplatz, dem „Plaza de Josefita Aleman“ führen schmale, gewundene und kopfsteingepflasterte Gassen zu dem verwinkelten alten Dorfkern, der sich an dem Barranco entlang zieht.
Dicht an dicht stehen die in kanarischer Tradition aus Natursteinen errichteten weiß getünchten Häuser, an denen manchmal die großen Natursteine als Dekoration ausgespart wurden. Bei unserem Rundgang bewundern wir die wunderschönen Bepflanzungen an den Häusern und in den Innenhöfen.
Eine schöne Aussicht hat man vom höchsten Punkt Fatagas, durch den Torbogen zur „Galeria de Arte“, auf die kargen Berghänge. Hier hat der deutsche Maler und Bildhauer Friedhelm Berghorn sein Atelier in einem alten Hof am Schluchtrand eingerichtet.
Anmerkung: Laut Information (Nov. 2017) von Herrn Klaus Ulbrich, ist der Maler und Bildhauer Friedhelm Berghorn im Jahr 2016 verstorben. Die „Galeria de Arte“ soll nicht mehr zugänglich und inzwischen auch verkauft sein
Ab Fatago ändert sich die Landschaft und wir halten immer wieder, um die fantastischen Bilder in uns aufzunehmen. Auch auf dem Parkplatz des Terrassencafes „Mirador de Tunte“ machen wir, wie bereits bei unserer Bustour 2008, eine längere Pause.
Von der Aussichtsplanform hat man einen schönen Blick in den Kessel von San Bartholomé und über die Berge. Mit 23 km Durchmesser ist der „Caldera de Tirajana“ der zweitgrößte Talkessel Gran Canarias.
Die Umgebung rund um San Batholomé ist inselweit als Anbaugebiet von Sauerkirschen bekannt und der Sauerkirschwein sowie der Sauerkirschlikör (Guindilla) sind geschätzte Spezialitäten.
Nach 8 km Bergstrecke ab Fataga erreichen wir das kleine Bergdorf, welches auf eine Höhe von 850 m liegt. Der Ort, mit gerade einmal 600 Einwohnern ist Verwaltungssitz des Ferienzentrums „Costa Canaria“. Im Rathaus dieses Bergstädtchens sind alle wichtigen Entscheidungen für die Entwicklung eines der größten Urlaubszentren Europas gefallen. In nur 4 Minuten fährt man durch dieses kleine Dorf, an dessen Hauptstraße sich Rathaus, Kirche und Touristeninformation befinden, zu einem weiteren Aussichtspunkt.
Vom Mirador „La Orilla“ hat man wieder einen schönen Blick in den Caldera, den eingebrochenen Tirajana-Kraterkessel.
Langsam kommen wir dem Höhepunkt unserer Reise immer näher. Die Strecke bis zu den Majestäten im Gebirge ist auch weiterhin kurvig und manchmal auch sehr eng, sodass wir nicht mehr als 30-40 km/Std. Reisegeschwindigkeit erreichen.
Doch der Weg ist auch heute wieder das Ziel, um zum Parkplatz „La Goleta“ zu gelangen. Das Inselinnere ist das landschaftlich attraktivste Gebiet von Gran Canaria. An der Vegetation lässt sich auch die Veränderung des Klimas erkennen. Nach subtropischer Vegetation folgen mächtige Eukalyptusbäume und hier oben finden wir große Bestände aus Kanarenkiefern auf den bewachsenen Höhen.
Das Allerschönste ist jedoch, das Symbol von Gran Canaria, der Roque Nublo liegt zum Greifen nahe. Es ist ein enormer Basaltfelsen in Form eines Monolithen, der infolge der vulkanischen Aktivitäten entstand. Obwohl er mit 1813 m nicht der höchste Gipfel der Insel ist, so ist er mit seinem hohen, fingerförmigen Basaltmonolithen der wahrscheinlich Auffälligste und das Wahrzeichen Gran Canarias.
Laut unserem Reiseführer hat er auch den Beinamen „Nebelfelsen“, da er oft nebelverhangen ist. Wir hatten jedoch einen traumhaften sonnigen und relativ warmen Tag erwischt. Uns bot sich das ganze Panorama der Roque-Nublo-Formation, der 70 m lange Finger zum Himmel – er ist einer der größten Felsen der Welt und wurde im Altertum von den Ureinwohnern als Kultstätte genutzt – und daneben steht der „El Fraile“, der auch Klosterbruder genannt wird – aufgrund seiner großen Ähnlichkeit mit einem betenden Mönch -, sowie dem Frosch „La Rana“, der zum Sprung ansetzt.
Vom Parkplatz führt ein Wanderweg in ca. 45 Minuten zu einer Aussichtsplattform. Ein 1 ½ stündiger Spaziergang war leider für unsere Tour nicht eingeplant und so haben wir nur einen kurzen Gang auf dem am Anfang noch gepflasterten Weg gemacht, denn auch von hier gab es die schönsten Fotomotive.
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Der Roque-Nublo befindet sich in einem Naturschutzgebiet, das wegen seiner Einzigartigkeit und besonderen Bedeutung am 25. Juni 2005 von der UNESCO zum Weltbiosphärenreservat erklärt wurde. Die Pflanzenwelt dieser Gegend besteht aus jung aufgeforsteten Kiefern sowie verschiedenen Ginsterarten und Salbei.
Gern wären wir in dieser grandiosen Umgebung noch länger geblieben und ein Wegweiser am Parkplatz zeigt uns, welch zahlreiche Wanderrouten es in allen Richtungen in dieser wunderschönen Bergwelt gibt, doch die Zeit lief uns davon.
Wir setzen somit unsere Autotour zum höchsten Punkt der Insel, dem Aussichtspunkt „Mirador de las Nieves“ fort. Der Pico de las Nieves (Schneespitze) ist mit 1949 m der höchste Berg der Insel. Hier liegt im Winter, wenn auch nur für kurze Zeit, manchmal Schnee. Auf der Hochfläche stehen Fernsehsender und Radarstationen und daher ist es verbotenes Militärgebiet. Doch unter dem Gipfel liegt ein großer Parkplatz mit dem schönsten Blick über die Insel. Hier kann man eine ziemlich weite Rundumsicht genießen, sie geht von den Kieferwäldern im Vordergrund weiter zum Roque Nublo über schroffe Felsen und wilde Schluchten und man erblickt ganz am Horizont den höchsten Berg Teneriffas, den Pico de Teide, der mit seinen 3.700 Metern fast doppelt so hoch, wie unser jetziger Standort ist.
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Majestätisch hob er sich aus der Wolkendecke hervor. Ein faszinierendes Panorama, an dem man sich nicht sattsehen und tolle Postkartenmotive schießen kann. Unsere Fahrt geht weiter zum 5 km entfernten Cruz de Tejeda, dem geografischen Mittelpunkt der Insel seit Jahrhunderten.
Hier, auf dem höchsten Pass der Insel, treffen gleich 4 Landstraßen aus allen Himmelsrichtungen aufeinander. Ein mächtiges Steinkreuz ziert in 1490 m Höhe diesen höchst gelegenen Punkt der Straße. Auffällig ist gleich hinter dem Kreuz der schön restaurierte Parador, ein historisches Gebäude im Stil eines Berghofs, welches zu einem Vier-Sterne-Hotel umgebaut wurde.
Wir setzen uns in dem gegenüber der Straßenkreuzung gelegenen trotz der Lage gut besuchten Cafes. Unser Tagesproviant ist aufgebraucht und ein leckerer Cappuccino macht uns für die noch bevorstehende Bergtour wieder munter.
Da es bereits 15.00 Uhr ist, müssen wir uns entscheiden, ob wir unsere Fahrt fortsetzen wollen oder gemächlich zurückzufahren, um dann im Bergdorf Tejeda länger anzuhalten. Da wir uns für die Rückfahrt entschieden haben, treibt uns die Zeit nicht mehr so und wir machen noch einen kleinen Spaziergang durch eine grandiose, sehr stille Landschaft und sehen schon von Weitem den 1412 m hohen Monolith des Roque Bentayga. Auch er ist ein Überrest eines einstigen Vulkanschlots und liegt inmitten des Vulkankraters Caldera de Tejeda.
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Auf dem Weg zurück zum Auto merken wir, dass besonders Cruz de Tejeda als Wettergrenze gilt, denn auf der Nord-Ostseite zogen die ersten Passatwolken langsam am Berg hoch. Somit war unser Entschluss wieder zurückzufahren und nicht mehr hinüber auf die andere Seite, der Richtige gewesen. In einem großen Bogen geht es um den Roque Nublo herum, bis uns nach vielen Kurven ein schön gestalteter Kreisverkehr „Pueblo de Tejeda“ auf den Weg zu dem höchstgelegenen und schönsten Dorf Gran Canarias führt, dessen Zentrum in einer Höhe zwischen 950 und 1050 m liegt.
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Von der „Avenida de los Almendros“ hat man einen schönen Blick auf die weißen Häuser, die sich terrassenförmig auf verschiedenen Höhenstufen am Nordostrand der Caldera de Tejeda hinaufziehen, genau wie die Getreidefelder, Obstplantagen sowie Gemüsefelder, die den Ort umgeben. Immer wieder sieht man von den zahlreichen Aussichtsterrassen auf eine großartige Landschaft mit üppigem Grün und den aneinander gestaffelten Bergkämmen sowie dem gegenüberliegenden Roque Bentayga.
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In unserem Reiseführer lesen wir, dass ohne den täglichen Tourismus schon lange niemand mehr in diesem Ort leben würde, denn es ist nicht möglich, in dieser kargen Region von der Landwirtschaft zu leben. So ist dieses typisch kanarische Bergdorf geblieben und renoviert worden. Die weißen mit Ziegel gedeckten Häuschen in den verwinkelten steingepflasterten Gassen tragen teilweise noch die typisch kanarischen Holzbalkone. Eine Straße durchzieht wie eine Promenade den größten Teil des Ortes. Von diesem Weg führen Treppenstufen hinunter zum Dorfplatz und der Pfarrkirche.
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Auf der Plaza Nuestra Senoro del Socorra liegt der Eingang der Kirche und links davon das Rathaus. Wir setzen uns nieder und genießen die herrliche Ruhe, denn wir sind fast die letzten Touristen, die für heute diesen Ort besuchen.
Gern wären wir auch hier noch länger geblieben, doch so ein Novembertag in den Bergen ist früh zu Ende und wir wollten die kurvige Bergstraße auf keinen Fall im Dunklen fahren, zumal uns die Bergwelt noch wunderschöne Panoramen bietet.
Von hier sind es zwar nur noch 45 km bis nach Playa de Ingles und für uns Flachländer eigentlich ein Katzensprung, doch hier in den Bergen muss man durch die vielen Kurven und der dadurch geringen Fahrgeschwindigkeit deutlich mehr Zeit einkalkulieren. Ferner ist dieses Panorama so wunderschön, dass man nicht einfach nur durchfahren kann. Zwischendurch machen wir immer wieder kleine Pausen am Straßenrand, um die Landschaft auf uns wirken zu lassen. In unzähligen Serpentinenwindungen mit Anstiegen und Gefällestrecken schlängeln wir uns am Rand der Schlucht entlang.
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Im Vordergrund den Roque Nublo und hinter uns das Panorama des 1412 Meter hohen Roque Bentayga. Dieser mächtige Monolith war ein Heiligtum der Ureinwohner (Guanchen).
Hier wurden Opfergaben dargelegt und die Götter verehrt. Laut Legende spielte sich hier folgendes ab: „An dieser Stelle baten die Altkanarier ihren Gott „Alcorac“ um Regen, Heilung von Krankheiten und den Sieg über die Feinde“. Den Kultplatz kann man nur zu Fuß über Felspfade erkunden. Auf unseren letzten Kilometern, im Tal des „Barranco de Fataga“ hat die Dämmerung schon Einzug gehalten, doch glühend leuchtet die atemberaubende Bergkulisse in der Abendsonne, als wir den Aussichtspunkt „Degollada Las Yequas“ wieder erreichen.
Wir machen noch ein Abschiedsbild von den flammenden Bergen, bevor wir nach 120 km begeistert und mit traumhaft schönen Fotos im Gepäck zu unserer Ferienwohnung zurückkommen.
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