Weinheim
Ein Slogan des Ortes lautet: „Alle Wege führen nach Weinheim“. Doch wir wollen heute hier lieber ein Zimmer suchen, um lange Anfahrtswege für unsere weiteren Ortsbesichtigungen zu vermeiden. Jetzt in der Vorsaison bereitet dies keine großen Probleme und so haben wir schnell eine neue Bleibe für die kommenden Tage gefunden und erkunden schon kurze Zeit später den Ort Weinheim. Es ist die größte Stadt des Rhein-Neckar-Kreises. Wegen ihrer beiden Wahrzeichen, der Ruine Windeck und der Wachenburg, trägt sie den Beinamen „Zweiburgenstadt“. Sie wachen als etwas höher gelegene Wahrzeichen über das Treiben der Stadt.
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Ausgangpunkt für unsere Stadtbesichtigung ist der historische Marktplatz mit seinem südländischen Flair. Die katholische Laurentiuskirche steht am oberen Ende des Marktplatzes. Eine Basilika aus rotem und gelbem Sandstein. Neu erbaut in den Jahren 1911/13. Der 1850 errichtete Turm stammt von der vorherigen Kirche, sowie zahlreiche Grabdenkmäler und einige Wandmalereien. Am schräg abfallenden historischen Marktplatz steht das Alte Rathaus von 1557. Das Erdgeschoss des als Kaufhaus erbauten Hauses war ursprünglich eine offene Halle. Darüber befindet sich der mit reicher Malerei ausgestattete Bürgersaal. Von 1752 bis nach dem 1. Weltkrieg diente das Gebäude als Rathaus. Es wurde mehrmals einer umfassenden Renovierung unterzogen. An der Vorderfront zeigt ein Schildhalter im zweiten Obergeschoss die drei Bestandteile des Weinheimer Wappens: „Den pfälzischen Löwen, die weiß-blauen Wittelsbachter Rauten und die Weinleiter“.
In unmittelbarer Nachbarschaft stehen der Marktbrunnen aus dem Jahre 1928 mit der Statue der Justitia und der prächtige Fachwerkbau der Löwenapotheke aus dem 17. Jahrhundert.
Dieser wunderschöne historische Marktplatz, der sich sehr gastfreundlich mit seinem mediterranen Ambiente präsentiert, lädt einfach zum Verweilen ein. Cafés, Eisdielen und Restaurants bieten von morgens bis abends Terrassenstühle an. Malerisch mit alten Fachwerkhäusern umstanden und mit großen Bäumen bepflanzt, ist der Platz eine Augenweide und Treff- und Angelpunkt des Stadtlebens.
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Er gehört zu den schönsten Plätzen an der Bergstraße. Nicht zu Unrecht lautet das Zitat Kaiser Josephs II: „Hier fängt Deutschland an, Italien zu werden“.
Ein besonderer Anziehungspunkt ist auch das Schloss. Es grenzt den Marktplatz vom Schlosspark ab und ist heute Rathaus und Sitz der Verwaltung.
Das Schloss ist deutlich sichtbar aus drei Teilen zusammengewachsen.
Die Durchfahrt zum Obertorturm wurde bereits im 14. Jahrhundert errichtet. Hieran schließt sich der Renaissancebau des Kurpfälzischen Schlosses von 1537 an. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden der Schlossturm und der Nordflügel ergänzt.
Hier ist heute das Schlosspark-Restaurant untergebracht. Ab mittags bis in den späten Abend werden hier regionale Spezialitäten serviert und am Nachmittag reizt die Außenterrasse bei Cafe, Kuchen oder Eis mit Blick in den wunderschön gelegenen Schlosspark.
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Im Stil eines Englischen Gartens angelegt, gehört er zu den meistbesuchten Parkanlagen an der Bergstraße. Er besitzt teilweise exotische Schönheiten mit seltenen und teils sehr alten Gehölzen.
Außerdem steht im kleinen Schlosspark die wohl älteste Zeder Deutschlands.
Der Ursprung des Schlossparks bildeten um 1700 zwei Barockgärten, die zu einem Englischen Garten umgestaltet wurden.
Die endgültige Form erhielt die große Parkanlage im 19. Jahrhundert durch Gräfin von Waldner-Freudstein und durch ihren Sohn, den Freiherrn Christian von Berckheim.
Ihm ist vor allem der Artenreichtum des wertvollen Baumbestandes zu verdanken.
Blühende Rhododendren und Eiben sowie Buchs, Stechpalmen, Esskastanien prägen das Bild genauso wie weitläufige Rasenflächen und die einsäumenden Gehölzgruppen.
Teiche, historische und moderne Skulpturen und bunte Blumenbeete sind Blickfänge im reizvollen Grün.
Wir sitzen auf einer Bank im Kurpark und genießen die Wärme und die Sonne. Ach, ist das schön! Eigentlich haben wir keine Lust, weiter zu gehen und möchten lieber in der Sonne sitzen bleiben.
Doch die Neugierde, auch diesen Ort im Schwarzwald näher kennen zu lernen, treibt uns nach kurzer Zeit weiter.
So setzen wir unseren Rundgang fort und kommen zu der Südostecke des Schlossparkes.
Hier wurde 1910 das Mausoleum der Familie von Berckheim errichtet, welches heute unter Denkmalschutz steht.
An der südwestlichen Seite steht am Rande des Schlossparks der „Blaue Hut“. Der Turm ist Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung, aus der Zeit um 1250 bis 1300, die das Schlossareal von der Weinheimer Altstadt trennt.
Noch heute sind Teile der Stadtmauer und des ehemaligen Zwingers erhalten. Der nur über den Wehrgang zugängliche Turm diente in früheren Zeiten als Gefängnis mit einem acht Meter tiefen Verließ.
Seinen Namen verdankt der „Blaue Hut“ der Farbe seines ehemaligen Schieferdaches.
Unterhalb der Stadtmauer betört auf vier angelegten Terrassen der Duft von Heilpflanzen und Kräutern.
Dieser Kräutergarten besteht bereits seit 1995 und feierte am 25. April sein 20-jähriges Bestehen. In diesem Garten kann man die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten der Heilpflanzen kennenlernen.
Die Beete sind nach der heilenden Wirkung der Pflanzen eingeteilt. So gibt es ein Herz-Kreislauf-Beet, ein Leber-Galle-Beet und zum Beispiel ein „Herz-Lunge“-Beet.
Unser Weg führt uns wieder hinunter in den Ort und dabei kommen wir zum Müllheimer Tor. Ein Sandsteinrelief erinnert an das östliche der drei Weinheimer Stadttore.
1608 errichtet wurde es bereits 1882 abgerissen. Der Torbogen mit der Inschrift wurde erhalten und bildet heute einer der Eingänge zum Schlosspark.
Neben der romantischen Altstadt lädt das Gerberbachviertel zu einem Besuch ein.
Auf dem Weg dorthin kommen wir an den Überresten des im 13. Jahrhundert erbauten Hexenturms vorbei. Es war ein ehemaliger Doppelturm, worauf der noch in halber Höhe sichtbare Verbindungssteg hinweist.
Vieles in der Zweiburgenstadt ist einmalig, so auch das malerische Gerberbachviertel mit den kleinen, liebevoll restaurierten Fachwerkhäuschen. Früher begünstigte der stetige Wasserfluss im Grundelbach die Ansiedlung von Gerbern an seinen Ufern. Das Handwerk der Gerber war zu dieser Zeit alles andere als romantisch – es war schwerste körperliche Arbeit mit unausweichlichen Folgen für die Gesundheit. Durch die Verarbeitung der Häute stank es oft widerlich im Gerberviertel.
Aus diesem Gerberhandwerk entwickelte sich die Weinheimer Lederindustrie des 19. und 20 Jahrhunderts, die heute durch die Firma Freudenberg als größten Arbeitgeber am Ort verkörpert wird.
Das alte Viertel der Gerber mit seiner Vielzahl verwinkelter Gassen, wie z.B. die Gerbergasse zeugen noch heute von dieser Vergangenheit. Hier scheint die Zeit still zu stehen oder zumindest etwas gemächlicher zu vergehen.
Die Blütezeit der Weinheimer Gerberzunft war im 15. und 16. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammen die reich geschmückten Fachwerkhäuser. Die Gebäude sind zumeist zwei- oder dreigeschossig mit massiven Erdgeschossen. Mitten im malerischen Gerberbachviertel sind einige der schönen sanierten Fachwerkhäuser als Ferienhäuser zu mieten.
Im Büdinger Hof in der Judengasse befand sich zeitweise das Zunfthaus der Gerber. An seinem Treppenturm sieht man das Schabmesser, als Zunftzeichen der Gerber. Besonders schönes Fachwerk tragen die Häuser in der Quer-, Gerber- und Münzgasse.
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Das malerische Kerwe-Fachwerkhaus in der Münzgasse 13 hat für Weinheim eine besondere Bedeutung. Hier beginnt alljährlich Anfang August die Weinheimer Kerwe, eines der größten Volksfeste an der Bergstraße und ist Anziehungspunkt für Einheimische und Urlauber.
Unweit des Schlossparks gibt es eine weitere einzigartige Parkanlage. Der Hermannshof ist ein Sehnsuchtsort für alle, deren Herz für einen Garten schlägt, so haben wir es bereits zu Hause im Internet gelesen. 1983 wurde der Garten als Forschungs- und Bildungseinrichtung für die Staudenverwendung eingerichtet. Heute ist er ein Kleinod mitten in Weinheim, der öffentlich zugänglich ist. Hier kann man sich inspirieren lassen und mit uns so einige andere Gartenfreunde, denn die Gärtner des Hermannshofs sind Meister ihres Fachs, für neuartige und ansprechende Gartengestaltung. Pflanzen aus aller Welt in wunderschönen Kombinationen werden hier präsentiert.
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Der Park mit seinen in Deutschland zum Teil sehr seltenen Gehölzen ist kein botanischer Garten im üblichen Sinne. Zu den Besonderheiten gehören jedoch einige ehrwürdige Bäume, wie eine 240-jährige Orientalische sowie eine ahornblättrige Platane, ein 120 Jahre alter Ginkgobaum, eine Yulan- sowie eine Tulpenmagnolie und weitere alte Gehölze. Man kann im Garten aber auch über 2500 Staudenarten- und sorten kennenlernen. Viele davon als dauerhafte Pflanzungen, die einen verminderten Pflegeaufwand benötigen und trotz allem eine langanhaltende Attraktivität bieten. Doch auch attraktive Sommer-Beet- und Rabattenbepflanzung wir dem Besucher präsentiert. Zur besseren Übersicht für den Betrachter stehen die Pflanzen nach "7 Lebensbereichen" geordnet: Gehölz, Gehölzrand, Freiflächen, Steinanlagen, Wasserrand und Wasser sowie Beet. So werden Pflanzenbilder gestaltet, die dem Besucher viele Anregungen für neuartige, ansprechende Gartengestaltung bieten.
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Die geschützte Hanglande und die darunter ausbreitende Talsenke mit einem kleinen Teich sowie offenen Steinflächen ermöglichen die Pflanzung von Stauden und Sträuchern mit sehr unterschiedlichem Anspruch an Boden, Licht und Feuchtigkeit. Der Hermannshof ist aber in erster Linie eine Forschungs- und Bildungseinrichtung. Einer der Schwerpunkte ist dabei die Staudenverwendung bei Hitze und Trockenheit in privaten und öffentlichen Gärten. Ein weiteres Ziel ist es Pflanzenzusammenstellungen zu entwickeln und zu testen, im Hinblick auf kostengünstigen Einsatz in öffentlichen Anlagen mit abwechslungsreichem Flor bei nur wenigen Pflanz- und Pflegegängen. Doch ich glaube auch Klein- und Hobbygärtner würden gerne auf die Pflanzensorten zurückgreifen.
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Wieder geht ein ereignisreicher Tag zu Ende. Doch bevor es mit dem PKW zurück zum Hotel geht, wollen wir uns doch noch das Mahnmahl mit Namenstafeln zu Ehren der gefallenen Weinheimer Soldaten ansehen. Es liegt an der Bahnhofstraße, direkt gegenüber der Einmündung der Ehretstraße. In der Mitte einer Rasenfläche, die von einer Mauer umfasst ist, in der die Namen der Gefallenen eingesetzt sind, steht eine Figurengruppe, die drei marschierende Soldaten zeigt.
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