Fahrradroute Nr. 8 - Ammerländer Mühlentour
Mit ebenen, landschaftlich attraktiven Routen ist die Ammerländer Parklandschaft ein echtes Radfahrer-Eldorado und so zieht es uns heute Morgen bei wolkigem Himmel und noch kühlen Temperaturen wieder hinaus zu einer weiteren Fahrradtour, denn eine Fahrradtour am Morgen erfrischt und macht wach.
Doch kommen wir heute Morgen erst gar nicht in Schwung, denn gleich neben unserer Ferienwohnung steht die erste Mühle auf unserer Tour, die Rügenwalder Mühle, bekannt aus Film- und Fernsehen.
Vor über 100 Jahren, als Carl Müller zum ersten Mal seine Rügenwalder Teewurst herstellte, entstand auch das Markenzeichen, die rote Mühle. Damals von seiner Frau Alwine selbst gemalt.
Da immer wieder nach der Mühle gefragt wurde, entschied man sich dieses Markenzeichen in eine echte Windmühle umzuwandeln.
Mit dem Bau dieser Mühle hat Bad Zwischenahn seit 2012 ein neues Wahrzeichen bekommen. Die Mühle hat einen Konferenzraum, der für Firmenveranstaltungen genutzt wird. Natürlich kann man sie auch privat mieten und besichtigen.
Nachdem wir die Hinweistafel gelesen haben und ein Erinnerungsfoto von der Mühle geknipst haben, geht es weiter ins Stadtzentrum.
Hier steht im Freilichtmuseum von Bad Zwischenahn eine liebevoll restaurierte zweigeschossige Galeriewindmühle.
Sie stammt aus dem Jahre 1811 und wurde zunächst in Westerstede aufgebaut. Nach ihrer Stilllegung 1958 drohte sie zu verfallen. Doch bereits 1960 wurde sie ins Freilichtmuseum versetzt.
Die Mühle besitzt auch heute noch einen funktionsfähigen Mahlgang zum Schroten, das von 11 Metern langen Flügeln angetrieben wird.
Über verkehrsarme Seitenstraßen verlassen wir die Ortsmitte und radeln zum 3,5 km entfernten Ortsteil Ekern. Hier steht die Ekerner Mühle, in der noch bis 1963 gemahlen wurde. Die Vorläuferin der jetzigen Ekerner Mühle wurde im Jahr 1865 erbaut, fiel aber 1910 den Flammen zum Opfer. Noch im selben Jahr wurde die jetzige Mühle errichtet, die wiederum im Krieg stark beschädigt wurde und nicht mehr mit Windkraft betrieben werden konnte. Bis 1963 wurde daher nur noch mit Motorbetrieb gemahlen. Auch heute noch kann der Motor für Schauzwecke in Gang gebracht werden.
Durch die Initiative des Mühlenvereins Ekern wurde das unter Denkmalschutz stehende Bauwerk saniert und gehört heute zu den Schmuckstücken auf unserer Mühlenroute. In einem gemütlichen Tempo radeln wir durch die Ammerländer Landschaft und haben kurze Zeit später die 200 Jahre alte Querensteder Mühle vor uns. Sie ist mit 25 Metern eine der höchsten im ganzen Ammerland.
In der Mühle wird noch von Zeit zu Zeit Getreide gemahlen, das in einem Nebengebäude zu Brot oder Kuchen verarbeitet wird.
Auch hier hatte sich der Querensteder-Mühlenverein die Restaurierung und Erhaltung der schönen Querensteder-Mühle zur Aufgabe gemacht. Zur Mühle gehört ein gleichnamiges Hotel und Restaurant.
Weiter geht es durch malerische Landschaft und etwas versteckt stoßen wir auf einen traumhaft gestalteten Vorgarten. Pflanzen sind das A und O eines Gartens. Hier haben die Besitzer sie nicht nur auf ein Beet gepflanzt, sondern einen Hingucker ganz besonderer Art erstellt, der uns aus seinen blauen Augen genau so neugierig anschaut wie wir ihn.
Frische Ammerländer Luft weht uns bei unserer Weiterfahrt zur Edewechter Mühle immer noch entgegen.
Diese Getreidemühle in Form einer Kokerwindmühle wurde im 16. Jahrhundert in Holland aus den Bockwindmühlen weiter entwickelt. Dabei wurde ein Teil der Mühlentechnik in den Sockel der Mühle verlegt, sodass sich nicht mehr der gesamte Mühlenrumpf drehen musste.
Diese 1879 errichtete Mühle stand bis 1904 in Edewecht und wurde dann nach Altenoythe versetzt, wo sie bis 1953 in Betrieb war. Danach zog sie ein weiteres Mal um und zwar ins Museumsdorf Cloppenburg. Diese von uns fotografierte Mühle in Edewecht ist ein Nachbau. Zur Erinnerung an die erste errichtete Bockwindmühle im Jahre 1456 zeigt die Gemeinde Edewecht seit 1934 in ihrem Wappen eine blaue Bockwindmühle mit schwarzen Segelscheiten.
In Edewecht-Westerschepen steht noch eine weitere schöne Windmühle. Sie wurde im Jahr 1888 erbaut und befindet sich seit 1900 im Besitz der Familie Oltmann, die sich noch heute darum kümmert und sie betriebsbereit hält, sodass der Getreide- sowie der Peldemahlgang zur Herstellung von Graupen noch intakt ist. Beide Mühlen stehen als Baudenkmäler der Wirtschafts- und Technikgeschichte unter Schutz. Alle diese historischen Windmühlen geben Zeugnis aus der Blütezeit der Mühlen, als noch 57 Mühlen das Landschaftsbild des Ammerlandes prägten.
Am Südufer des Godensholter Tiefs haben freiwillige Helfer aus Westerscheps einen wunderschönen Rastplatz mit einer Holzbank eingerichtet und die ehemaligen Geländer der Mühlenbrücke von 1963 für die Eingrenzung der Fläche an zwei Seiten wieder benutzt.
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Wir nehmen das Angebot einer Rast gerne an, zumal wir von hier einen schönen Ausblick auf die Galerie-Holländer-Windmühle von 1880 und auf die Aue-Niederung des Godenholter Tiefs haben.
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Wieder einmal stellen wir fest, wie schön sich die Region per Fahrrad auf eigene Faust erkunden lässt. Autofahrern bleiben im Straßenverkehr viele dieser Szenerien wohl verborgen. Da das Ammerland so gut wie keine Steigungen hat, radeln wir in aller Ruhe weiter und genießen die Aussicht auf die Auesenke.
Grasende Pferde kreuzen den Weg und stehen entspannt Modell für das eine oder andere Urlaubsandenken. Für eine weitere Abwechslung sorgt die angenehm kurvige Strecke.
Doch das Heimatmuseum „Tollhus up’n Wurnbarg“ stoppt unsere Aktivität erst einmal wieder. Es liegt in Wittenberge, einem Dorf im Westen der Gemeinde Edewecht.
Bevor wir uns das Museum näher ansehen, machen wir erst einmal eine kleine Pause für einen gemeinsamen Kaffee, den wir von Mitarbeitern der Museumsverwaltung frisch aufgebrüht bekommen. Da wir die einzigen Besucher sind, kommen wir mit dem Paar ins Gespräch und erfahren so einiges über dieses Museumsgelände.
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Das "Zollhaus auf dem Wurnbarg" wurde 1758 am Schlagbaum vor den Schanzen und Wehren nahe der Olljen-Brücke in Westerscheps von der Familie Olljen erbaut. Hier mussten die Benutzer der früheren Heerstraße „Ammerland-Münsterland“ an den Vogt Zoll entrichten. Später zum Heuerhaus umgebaut wurde das „Tollhus“ 1961 abgebrochen und 1962 in alter Art hier im Heimatmuseum wieder aufgestellt. Es ist jetzt zusammen mit der Bleicherhütte und dem Backhaus ein idyllisch am Flüsschen Aue gelegenes Museum, in dem zahlreiche Exponate aus der Geschichte der Ammerländer Landwirtschaft ausgestellt sind.
Ferner bietet ein Gebäude einen Blick zurück in die Lebensgewohnheiten der Ammerländer. Es ist ein liebevoll aufgebautes Museum, das statt des sonst üblich geforderten Eintrittsgeldes um eine Spende für den Heimatverein „Vergnögde Goodheit“ bittet. Diese Spende wird eingesetzt zur Erhaltung, Pflege- und Erweiterung der Anlage. Auf schmalen Radwegen, auf denen wir kaum jemanden begegnen, setzen wir unsere Fahrt fort.
Südlich Howiek fahren wir in ein kleines Waldgebiet und erreichen die Howieker Wassermühle an der Ollenbäke. Nach vielen Schwierigkeiten wurde die Mühle 1608 mit der Genehmigung der Grafen von Oldenburg gebaut. Sie musste jedoch auf dem „höchsten Bült" von Howiek errichtet werden. So wollte man den Bauern das Betreiben der Mühle unmöglich machen. Man hatte jedoch nicht mit der Schlauheit der Bauern gerechnet, die sofort ans Werk gingen und eine Mühle mit einem unterschlächtigen Wasserrad bauten.
In der Bäke legten sie ein Wehr an und zogen einen Graben, durch den sie das aufgestaute Wasser nach dem Mühlrad leiteten. Doch bald stellten sich Schwierigkeiten ein; denn die träge dahin fließende Ollen trat über die Ufer und überschwemmte die angrenzenden Wiesen, wodurch Streitigkeiten mit den Besitzern entstanden. Diese wollten das Stauen des Wassers verhindern und spielten dem Müller manchen Streich. Sie zogen in der Nacht die Stauschotten hoch, sie durchstachen die erhöhten Ufer oder sägten Balken durch, um dem gestauten Wasser einen schnellen Abfluss zu verschaffen. Am anderen Morgen gab's dann in der Mühle ein „langes Gesicht", weil der Müllerknecht ohne Wasser nicht mahlen konnte.
Trotz all dieser Probleme klapperte die Wassermühle an der Ollen 300 Jahre lang und wurde erst 1909 stillgelegt.
Der 1949 gegründete Heimatverein Ocholt nahm sich der Mühle an und rettete sie vor dem Verfall. Wir schauen uns auch die Umgebung noch genauer an und kommen zur großen Scheune in der Nähe der Wassermühle. Dieses Gebäude dient als Festsaal des Heimatvereins Ocholt.
Nach einem kleinen Rundgang auf dem Gelände fahren wir in den Ort Ocholt. Er ist nach Westerstede die größte Ortschaft der Stadtgemeinde. Das Dorf, das im 13. Jahrhundert entstanden ist, liegt auf einer Anhöhe, die sich 4 Meter über seine Umgebung erhebt. Dort hatten es die Anwohner stets trocken und die Wege zwischen den Häusern waren zu jeder Zeit gut befahrbar. Ein alter Handelsweg kreuzte diesen Ort und so wurde Ocholt bereits im Mittelalter Verkehrsknotenpunkt und eine bedeutende Ortschaft.
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Ein besonderer Blickfang ist der Glockenturm der Paulus-Kirche Ocholt mit seiner eigenwilligen eiförmigen Turmhaube. Der aus ortsüblichem rotem Backstein errichtete Kirchenbau ist eher unauffällig. Sie gehört zu der ev.-luth. Kirchengemeinde, zu der zwölf Ort- und Bauernschaften gehören.
Wir verlassen den Ort und plötzlich liegt wieder einmal der Duft der Rhododendronblüten in der Luft. Entlang des Fahrradweges schmücken Rhododendronsträucher mit ihren pinkfarbenen und weißen Blüten eine Häuserfront und den am Weg liegenden Garten. Ein idyllischer Anblick, den wir genießen.
Diese Tour hat so viel Abwechslung zu bieten und so radeln wir weiter zum Landwirtschaftsmuseum Behlen in Westerstede-Lindernerfeld. Das Museum ist in zwei großen Scheunen untergebracht und enthält unzählige große und kleine Gegenstände aus der Geschichte des ländlichen Lebens.
Leider konnte das Museum nur nach Voranmeldung besichtigt werden. So begnügen wir uns mit der Betrachtung der Außenanlagen und setzten danach unsere Fahrradtour fort. Von hier fahren wir ein Stück entlang der alten Bahntrasse. Auf ihr wurde bereits in den 1960 Jahren der Personen- und Güterverkehr eingestellt. Von 1995 verkehrte auf dieser Strecke 10 Jahre eine Museumseisenbahn, bis 2006 der Draisinenspaß auf der stadteigenen Strecke startete.
Unser Weg führt uns vorbei an dem früheren Haltepunkt Süderholt. Ein kleiner Rastplatz der 1996 errichtet wurde, symbolisiert diesen Haltepunkt.
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Über den Torsholter Kirchweg geht es nach Torsholt. Hier gibt es alleine 14 Baumschulen und fünf landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe. Die Bebauung passt sich der Landschaft an und die Flächen im Dorf werden als Grünland genutzt und tragen wesentlich zum grünen Bild des Ortes bei. Hier treffen wir auf die letzte Mühle auf unserer Tour, den 1882 errichteten reetgedeckten zweistöckigen Galerieholländer, dem leider noch die Windflügel fehlen.
Abwechslungsreich ist noch einmal der letzte Streckenabschnitt zurück nach Bad Zwischenahn, bevor wir auf dem Marktplatz des Ortes wieder ankommen.
Von hier fahren wir zum Kurpark und setzen uns vor der Strandbar „lütt Schenck“ auf einer Bank am See.
Intensiv leuchtet der Kurpark im goldenen Licht des Spätnachmittags und von unserer Bank beobachten wir wie der Tagesrhythmus im Kurpark langsam zur Ruhe kommt. Wir bleiben dort, bis der wieder kühler gewordene Abendwind uns vertreibt und uns an ein leckeres Abendessen erinnert, mit dem wir diesen abwechslungsreichenTag beenden.
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