Donnerstag, 21. Nov. 2010 - Tanger
Erstmals auf unserer diesjährigen Reise haben wir den Wecker gestellt, der uns pünktlich um 7.00 Uhr weckte. Um 9.00 Uhr trafen wir uns im Theatrium auf Deck 9 zu unserem einzigen gebuchten Ausflug „Tanger und Umgebung“. Eine Unmenge von Menschen hatte sich hier eingefunden, die alle, genau wie wir, doch lieber einen geführten Spaziergang durch Tanger machen wollten. Tanger in einer Bucht an der Straße von Gibraltar ist der älteste ununterbrochen besiedelte Ort und mit etwa 750.000 Einwohnern gehört es zu den bedeutendsten Hafen- und Handelsorten Marokkos. In Marokkoreportagen und den Porträts der Reiseseiten deutscher Zeitungen zieht keine Stadt mehr Aufmerksamkeit auf sich als Tanger. Beim Verlassen des Schiffes stellten wir fest, dass unser Schiff unter Beobachtung stand, denn auf der nahe gelegenen Hafenmole patrouillieren gleich mehrere bewaffnete Wachposten und unterhalb der Mauer bauten Marokkaner ihre Souvenirstände auf. Doch heute Morgen gingen alle erst einmal zu ihren Bussen. Mit 14 Bussen ging es aus dem Hafen, entlang der Strandpromenade und aus der Stadt Tanger hinaus. Wir durchfuhren einige der vielen Stadtteile und bekamen herrliche Villen in sehr sauberen Stadtvierteln zu sehen, sowie ein Neubaugebiet, das einer Ferienanlage sehr ähnlich sah. Leider bekamen wir hierüber keine Informationen, denn wir hatten das Pech das unser Stadtführer leider nur Englisch sprach und der Guide der AIDAbella nur wenige Dinge übersetzte.
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Unser Bustour führte uns zunächst zu den ca. 33 km entfernten sogenannten „Herkules Grotten“. Diese Höhlen sind ein Produkt des Wellengangs des Meeres und haben eine reiche Mythologie:
In dieser Kalksteinhöhle soll Herkules gelebt haben, nachdem er die Erde gespalten hatte und damit die Meerenge von Gibraltar schuf. Diese ist an der engsten Stelle gerade mal 13 km breit, und ist eine der populärsten internationalen Schifffahrtswege seit dem Altertum. Die Attraktion der Höhle: Ein Loch im Felsen, durch das man das Meer sehen kann und das den Umriss von der Landkarte Afrikas, die umgedreht wurde, darstellt.
Hier in der Höhle machen wir erstmals Bekanntschaft mit den fliegenden Händlern von Marokko. Die gesamte Höhe ist beiderseits von Verkaufsständen umsäumt und wir hören immer wieder die zwei Worte „billig, billig – kaufen, kaufen“.
Weiter ging unsere Fahrt zum nordwestlichsten Punkt Afrikas zum „Cap Spartel“. Hier vermischen sich Mittelmeer und Atlantik. Das Gebiet ist allerdings militärische Sperrzone, sodass man den Zusammenfluss nur aus der Ferne sehen kann und auch zu dem Leuchtturm aus dem Jahre 1864, das die Nord-Ost-Spitze des afrikanischen Kontinents markiert, ist kein unmittelbarer Zugang möglich. Dafür gab es auf dem Aussichtsplatz wieder eine Menge Souvenirstände und ein kleiner Junge mit seinem Esel, der alle Touristen ansprach „Fotografi“ und die Hand aufhielt.
In dem nahe gelegenen Restaurant gab es das marokkanische Nationalgetränk zu kosten, den Pfefferminztee. Es ist eine Kombination aus grünem chinesischem Tee mit frischer Minze, die uns stark gezuckert mit marrokanischen Plätzchen kredenzt wurde. Es war ein sehr leckerer Minztee, den ich vorher so noch nie getrunken hatte und nicht zu vergleichen mit den bei uns gebräuchlichen Teebeuteln.
Anschließend ging es von hier aus zurück nach Tanger, in die Medima. In der Nähe der Kasbah ließ uns der Busfahrer heraus, denn die berühmtesten Sehenswürdigkeiten findet man rund um die Kasbah inmitten der belebten Altstadt. Die Kasbah (Burg) liegt am höchsten Punkt der Medina (Altstadt) und war Sitz der ehemaligen Königsresidenz. Dieser im 17. Jahrhundert erbaute und später mehrfach erweiterte ehemalige Sultanspalast beherbergt heute das Museum de la Kasbah.
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Hieran schließt sich eine kleine Terrasse an, von der man einen überwältigenden Panoramablick auf die Bucht von Tanger mit dem gegenüberliegenden Cap Malabata, auf die Hafenmolen mit der AIDAbella und die nur 14 km entfernte spanische Küste hat. Später ging es von der Kasbah zur Medina. Steile Gassen und Gässchen winden sich in einem Labyrinth zwischen den weißen Mauern der Häuser. Es war eine völlig andere Welt.
Die berberisch-arabische Medina ist Inbegriff der orientalischen Stadt und fremdländisches Stimmengewirr summt uns um die Ohren. Hier in der Altstadt ist die Armut greifbar. Straßenverkäufer und Bettler stehen an allen Ecken und man wird immer wieder von ihnen angesprochen. Sie sind wahre Sprachgenies. Wir werden immer wieder in Deutsch mit „Hallo, mein Freund, alles gut?“ oder „Guter Preis, alles echte Handarbeit!“ angesprochen, was man von unserem Stadtführer leider nicht sagen kann.
Wir wurden durch die Medina geschleust und bekamen außer ein paar englischen Brocken keine deutsche Erklärung. Man sieht fast nur Männer in den Gassen, die uns ihre Uhren, Trommeln, Armbänder und Taschen anbieten. Andere sitzen an ihren primitiven Verkaufsständen – drei Kisten erfüllen ihren Zweck -. Eine hochkant gestellte Kiste ist der Stuhl, eine weitere hochkant gestellte Kiste ersetzt den Tisch, eine quer gestellte Kiste obendrauf die Ladentheke.
Marokkaner scheinen ziemlich schnell zu frieren, denn sie sind fast alle auf die eine oder andere Weise ziemlich dick eingemummelt. Die meisten Marokkaner tragen für mich ganz normale westliche Kleidung, die man auch in dem Markt in der Medina kaufen kann. Auch unser leider nur englisch sprechender Reiseleiter ist in einer dicken Steppjacke verpackt. Nur wenige Ältere tragen noch das traditionelle lang wallende, meist hellfarbige Gewand, die Djellabah (langer Kapuzenmantel).
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Marokko ist ein vergleichsweise armes Land, in dem Touristen vielfach als unermesslich reich gelten. Zielstrebig ging der Reiseleiter noch mit uns in eine arabische Apotheke. Ein Apotheker stellte uns etliche Produkte vor – wie gesagt, alles in englischer Sprache, ohne Übersetzung - und von einigen bekamen wir auch eine kleine Probe auf die Hand bzw. zum Riechen an die Nase gehalten. Zum Schluss wurde uns die so genannte Naturmedizin zum Kauf angeboten, doch bevor er seine Einkaufstaschen verteilt hatte, haben sich fast alle Anwesenden aus dem Staub gemacht. Ob es ihm gelungen ist, an vereinzelte etwas zu verkaufen, kann ich nicht sagen.
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Unser Reiseführer ging mit uns weiter durch die engen, mit Geschäften gesäumten Gassen der Medina und wir gelangten zum Grand Socco. Es ist der große Marktplatz, der von Cafes und Läden gesäumt wird und die Nahtstelle zwischen Medina und Neustadt bildet. Er ist auch unter dem Namen Place du 9 April 1947 bekannt. Erbaut wurde er auf den Grundmauern des Tingis. Man findet dort auch das Haupttor der Stadtmauer um die Medina. Diese Mauer macht nach meinen Einschätzungen jedoch größtenteils keinen stabilen Eindruck mehr.
Die den Grand Socco überragende Moschee wurde im Jahre 1917 fertig gestellt. Über den Platz des Grand Socco mit seinem großen Springbrunnen schlendern wir wieder in Richtung Hafen, zu dem auf uns wartenden Bus und fuhren wieder zurück zum Schiff. Ich glaube fast alle waren wieder froh an Bord zu sein.
Der schlechte Ruf, der dieser Stadt vorauseilt, - Tanger, das ist das Tor zum Orient und in der Stadt lummern viele Bettler und Hausierer in den Strassen -, hat sich uns bestätigt. Wenn man nicht andauernd belästigt würde und nicht mehr die Angst im Nacken hätte, dass man bestohlen würde, könnte man Tanger vielleicht genießen – so aber konnte ich es leider nicht.
Doch mit viel Mut und Neugier wollten wir am Nachmittag den Zauber des Orient noch einmal alleine kennen lernen und hofften, als Einzelpersonen vielleicht leichter durch die Medina zu kommen. Unser Weg führte uns aus dem abgesperrten und bewachten Hafenbereich entlang der Strandpromenade und wir bogen dann in eine der kleinen verwinkelten Gassen ein. Nach wenigen Schritten wurden wir jedoch wieder von bettelnden Kindern umringt und angefasst. Wir stellten fest, Bettler, von jung bis alt, haben sich nicht nur auf Reisegruppen konzentriert, auch wir wurden unaufhaltsam belästigt. Schade, dass man als Tourist so bedrängt wird. Da verzichteten wir lieber auf einen weiteren Besuch der Medina und bummelten in aller Ruhe die Strandpromenade entlang, immer mit Blick auf den Stadtstrand.
Viele Menschen flanierten hier entlang und es herrschte eine entspannte und ruhige Stimmung.
Hier hat man nicht mehr das Gefühl in Marokko zu sein. An der neu und aufwändig gepflasterten Strandpromenade reihte sich eine Bar und ein Edel-Restaurant an das andere und jenseits der Uferstraße liegen eine Reihe von Luxus- und Mittelklassehotels.
Es dämmerte schon, als wir den Hafenbereich mit der AIDAbella wieder erreichten. Doch brauchten wir fast noch 15 Minuten durch die Abfertigungsgebäude des Fährhafens, wo uns immer wieder von freundlichem Personal der richtige Weg zur AIDAbella gewiesen wurde.
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Beim Auslaufen aus dem Hafen waren wir uns einig, den schönsten Blick auf Tanger hat man vom Wasser aus, denn die Medina von Tanger liegt auf einem Hügel und die Spitze dieses Hügels nimmt die Kasbah ein. Marokko ist ein Baum, der seine Wurzeln in Afrika hat und seine Äste nach Europa ausstreckt“, sagte schon Seine Majestät König Hassan II doch bis die Äste stabil genug sind, dass Touristen unbehelligt durch die Altstadt bummeln können, wird sicherlich noch Jahre dauern. Am Abend in der AIDAbar gab es das richtige Kontrastprogramm. „Alpenglühn“. Zünftige bayrische Musik stand auf dem Programm. Schick in bayrischem Dress gekleidet, lief die Bedienung von Tisch zu Tisch und ein Nagelbalken sorgte für Stimmung bis weit nach Mitternacht.
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